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978-3-412-51898-1
Die Slawen im Mittelalter zwischen Idee und Wirklichkeit

Bezeichnender Weise stellt der Verfasser das Ergebnis des der Neuzeit gewidmeten „Prologs“ als die für seine auf das Mittelalter bezogene „Fragestellung“ und sein „Vorgehen“ maßgebliche These voran: nämlich bis ins 20. Jahrhundert hätte keines der „Versuche einer slawischen Identitätsbildung und Gemeinschaftsstiftung jemals mehr als partikulare Ziele verfolgt“; entsprechende Vorstellungen konnten sich nicht „gegen die Egoismen der jeweiligen Nationalbewegungen durchsetzen“ (S. 41). Als ein Novum nimmt sich Mühle „eine zusammenhängende Analyse“ der „Slawen“ im Mittelalter zwischen einem „kulturalistischen Konstrukt“ und ihren „realen historischen Strukturen“ (S. 42/43) vor. Er überspannt die Zeiträume vom 6. bis zum 15. Jahrhundert. …

978-3-8353-3843-2
Das Private im Ghetto
Jüdisches Leben im deutsch besetzten Polen 1939 bis 1944

Die von der historischen „Schule der Annales“ aus Frankreich angestoßene „Geschichte des privaten Lebens“ wird hier auf „Transformationen des Privaten“ (S.33) in vier Ghettos (große in Warszawa, Łódź; kleinere in Piotrków Trybunalski, Tomaszów Mazowiecki) in Polen während der deutschen Okkupation angewendet. Der Abriss eingangs zum Vorleben der sowohl Ein- wie auch Weggesperrten dient vornehmlich der sozialen, räumlichen wie kulturellen Heterogenität der Juden in der Vorkriegszeit; genau auf dieses Vorleben werden sie dann auch nach der jähen Absonderung zur Lebensbewältigung durchaus erfolgreich referieren (vgl. S. 118). Zur Analyse wählt Haas die für alle relevanten Kategorien von „Zeit“ und „Raum“. …

978-3-8487-8458-5
Die Bundeswehr und die Belgischen Streitkräfte in Deutschland
Akteure, Herausforderungen und Verflechtungsprozesse militärischer Zusammenarbeit bis 1990. Historische Dimensionen Europäischer Integration, Band 32

Über sechs Jahrzehnte (1945-2005) erstreckte sich die Präsenz belgischer Streitkräfte in Westdeutschland. Als „Belgische Besatzungsarmee“ waren sie Teil der an Besetzung und Besatzung des besiegten Deutschlands beteiligten Armeen, als „Belgische Streitkräfte in Deutschland“ (BSD) gehörten die Truppen seit den 1950er Jahren zu den NATO-Truppen in der Bundesrepublik. Der 1994 lancierte Plan „Reforbel“ läutete nach der deutschen Einigung und einer Neuausrichtung der belgischen Armee nach dem Ende des Kalten Krieges das Ende dieser Militärpräsenz ein. …

978-3-8353-3745-9
Aufklärung habsburgisch
Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750-1850

Fortlaufend soll hier die „Drachentöterpose der Aufklärer“ ebenso „systematisch hinterfrag[t]“ werden wie der angeblich betont rückwärtsgewandte Erzkonservativismus ihrer Antipoden, will doch Fillafer die Positionen der Kontrahenten „häufig“ als „zwei Spielarten der Aufklärung“ hervortreten lassen (S. 517). Zu seinem eben illustrierten Stil wie seiner Methode gehört als spezielle Präsentationsform die Abfolge von Analysen und deren Resultate in fotoartiger Weise: Zoom – Weitwinkel – Panorama.

Referiert oben erwähnte These auf das Panorama der Aufklärung Europas, grenzt Fillafer seine vornehmliche Domäne auf Prozesse der hausgemachten Aufklärung in der Habsburgermonarchie ein. …

978-3-86331-628-0
„Aktion Erntefest“
Berichte und Zeugnisse Überlebender

Es fehlt in der Geschichte des Holocaust nicht an Beispielen für den grenzenlosen Zynismus der Täter (weit überwiegend waren es Männer): Deportationen aus den Gettos und die damit einhergehenden lokalen Erschießungen von Kranken und anderen setzten sie mit Vorliebe an jüdischen Feiertagen an, sie verhöhnten ihre Opfer auf vielfältige Weise, fotografierten dies und sie gaben ihren Mordaktionen gerne zynische Tarnbezeichnungen. Die „Aktion Erntefest“, von der dieser Band von Steffen Hänschen und Andreas Kahrs handelt, ist hierfür ein Beispiel. Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich ein bis heute kaum wahrgenommenes zweitägiges Massaker. Am 3. und 4. November 1943 erschossen deutsche SS-Männer und Polizisten mehr als 42.000 jüdische Männer und Frauen in den Lagern Majdanek, Poniatowa und Trawniki. …

978-3-374-06622-3
„Entjudung“ von Theologie und Kirche
Das Eisenacher „Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“ 1939–1945 (Christentum und Zeitgeschichte 6)

Der Band „‚Entjudung’ von Theologie und Kirche. Das Eisenacher ‚Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben’ 1939–1945“ von Oliver Arnhold kann gleichsam als die Erweiterung und konzentrierte Pointierung seiner zweibändigen ausführlichen Darstellung „‚Entjudung’ – Kirche im Abgrund. Die Thüringer Kirchenbewegung Deutsche Christen 1928–1939 und das ‚Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben’ 1939–1945“ (2010) gelten. Die Zusammengehörigkeit beider Bände zeigt sich nicht zuletzt daran, dass im vorliegenden Band im Wesentlichen auf Fußnoten verzichtet und für Quellennachweise in Klammern auf die ältere Arbeit verwiesen wird. …

978-3-7001-8209-2
Österreich-Ungarn und Italien im Ersten Weltkrieg
Austria-Ungheria e Italia nella Grande Guerra

Die hier abgehandelten Großgewaltereignisse zwischen Österreich und Italien gelten in diesem Sammelwerk, da an deren Ende 1918 nicht abgegolten, als erster Teil zweier Weltkriege. Und was mit dem „Völkermanifest“ Kaiser Franz Josephs vom 23.5.1915 so personalistisch, fast privat anhebt: „Der König von Italien hat mir den Krieg erklärt“, führt dazu, dass „zwischen dem Kriegsbeginn und dem Jahr 1919 in Italien und Europa Lichtjahre zu liegen schienen“ (S. 12). Über all dem Fact-Finding zu Bedingungen, Erscheinungsformen, Folgen dieses bilateralen Konflikts kreist, kaum direkt so benannt dennoch die Frage nach den Verantwortlichkeiten hierfür. …

978-3-406-76634-3
Die Wiedererfindung der Nation
Warum wir sie fürchten und warum wir sie brauchen

Aufgrund ihrer Befassung mit Gedächtniskultur, wie auch der des Vergessens, gilt die akademische Philologin im gängigen Diskurs über Erinnerung als mittlerweile anerkannt arriviert, eingeklinkt. Und mit ihrem Befund, formuliert im Untertitel als die Unterstellung einer Spannung zwischen Angst und Bedarf rücksichtlich des Komplexes „Nation“ in Deutschland, wähnt sie sich wohl aus Betroffenheit wie ihrem Vermögen nach auf den Plan gerufen.
Tatsächlich haftet im mehrfachen Sinn der „Nation“ eine Art deutscher „Komplex“ an, schon wenn sie eine große Kluft „zwischen dem allgemeinen Wissensstand akademischer Forschung“ und „dem gesellschaftlich akzeptierten Narrativ im Bewusstsein einer Nation“ (S. 276) konstatiert. …

978-3-515-12516-1
Täter von Grafeneck
Vier Ärzte als Angeklagte im Tübinger "Euthanasie"-Prozess 1949

Mit dem Fund von 30.000 Krankenakten aus der NS-Zeit in der ehemaligen Berliner Stasizentrale Anfang der 1990er Jahre und der anschließenden Analyse erhielt die Erforschung der Euthanasieverbrechen neuen Aufschwung. Der Fokus der in Folge der Funde erschienenen Arbeiten lag hauptsächlich auf den Opfern der Euthanasie und der Analyse und Darstellung der Selektionskriterien sowie dem Ablauf der Tötungsaktionen. Verena Christ liefert mit ihrer 2020 erschienen Studie „Täter von Grafeneck. Vier Ärzte als Angeklagte im Tübinger ‚Euthanasie‘-Prozess 1949“ nun einen Beitrag, der sich neben drei Tätern auch einer Täterin der Krankenmorde widmet. …

978-3-406-78449-1
Ein Verbrechen ohne Namen
Anmerkungen zum neuen Streit über den Holocaust

„Die Erinnerung an den Holocaust als Zivilisationsbruch ist für viele das moralische Fundament der Bundesrepublik. Diesen mit anderen Genoziden zu vergleichen, gilt ihnen daher als eine Häresie, als Abfall vom rechten Glauben. Es ist an der Zeit, diesen Katechismus aufzugeben“, behauptete A. Dirk Moses im Mai 2021 (Moses, „Der Katechismus der Deutschen, 2021. URL: https://geschichtedergegenwart.ch/der-katechismus-der-deutschen/, Stand: 21.02.2022). Moses ist Historiker mit dem Schwerpunkt Völkermord, Erinnerung und Begriffsgeschichte. …