'Literatouren', also das Reisen auf den Spuren von bzw. mit Literatur, sind absolut 'in': Die vielen literarischen Reiseführer, die gegenwärtig auf den Markt drängen, sprechen da eine ebenso deutliche Sprache wie entsprechende Angebote von Touristikunternehmen. Gerade z.B. hat der Fischer-Verlag eine liebevoll aufgemachte Reihe auf den Weg gebracht und seit etwas mehr als einem Jahr gibt es nun endlich auch die lange erwartete gesamtdeutsche Ausgabe des 'Oberhauser': Vor gut 35 Jahren erblickte der 'Literarische Führer durch die Bundesrepublik Deutschland' des Autorenehepaars Fred und Gabriele Oberhauser erstmals das Licht der Welt (überarbeitet und ergänzt 1983 und 1994) und war seitdem für den (westdeutschen) literarisch Interessierten aus dem Handgepäck nicht mehr wegzudenken. Lange hat es gedauert, bis unter der Leitung von Fred Oberhauser und Axel Kahrs nun eine um die mittlerweile nicht mehr ganz so neuen Bundesländer erweiterte Ausgabe veröffentlicht werden konnte. Seit einem Jahr hat der Rezensent diese neue Ausgabe intensiv getestet und kann ' wie schon bei dem Vorgänger ' äußerst zufrieden feststellen, dass der (für ein broschiertes und nicht ganz so stabiles Handbuch doch auch stolze) Preis von 48 Euro absolut gerechtfertigt ist. Einzig die optische Aufmachung und das viel zu weiße Papier trüben hin und wieder den Lesegenuss ' allerdings ist das bei einem Handbuch, das ja in erster Linie nützlich sein soll, auch zweitrangig. Und nützlich ist der 'Literarische Führer' allemal, sei es zur Vorbereitung einer Reise, sei es als Begleiter vor Ort oder als Erinnerungsstütze zur Nachbereitung: Immer erfährt man literarisch Interessantes zu den jeweiligen Orten, erhält Kurzporträts zu den Dichtern, die einst die jeweilige Stadt, das betreffende Dorf bewohnten (sofern sie literarische Zeugnisse hinterließen), bekommt einen Überblick über die 'vorwiegend 'belletristischen Topographien'', sprich: die Thematisierungen und Inszenierungen der jeweiligen Ortschaften in literarischen Texten, wird informiert über wichtige Museen, literarische Einrichtungen und Preise. Darüber hinaus vernetzen die Autoren ihre Informationen ungeheuer geschickt: Immer wieder werden Querverweise zu anderen Wirkungsstätten der Schriftsteller gegeben oder auf Sehens- und Wissenswertes aus der Region verwiesen. Gerade diese ' im Internetdeutsch ausgedrückt ' 'Verlinkungen' sind es, die den Reiseführer, diesen 'Baedeker der Literatur' (Umschlag), so wertvoll machen: Ständig entdeckt man Neues, gerät in andere Regionen und entdeckt Verbindungen, die man so noch nicht gesehen hat. Es entsteht somit tatsächlich, wie Günter de Bruyn in seinem sonst etwas drögen Geleitwort formuliert, eine 'Geschichte der deutschen Literatur ', die nicht chronologisch, sondern geographisch geordnet ist'. (7) Damit passt dieser Reiseführer wunderbar in eine Zeit, in der auch in der Literaturwissenschaft ein 'geographical turn' verkündet wird und die Verbindung von Literatur und Geographie ein besonderes Interesse beanspruchen darf (wenngleich es für das Interesse an den 'Quellgebieten der Literatur', um mit Heinrich Detering zu sprechen, vielleicht nicht gleich eines 'turns' bedurft hätte...). Dass die ungeheuere Fülle an Informationen letztlich doch immer nur eine Auswahl darstellen kann, versteht sich von selbst ' nicht jede Beschränkung wird den Autoren leicht gefallen sein. Auch wenn man daher das eine oder andere vermissen wird (bei Butzbach fehlt dem Mittelhessen der Kutschenunfall Kleists), muss man nachdrücklich feststellen: der 'Literarische Führer Deutschland' ist ein absolutes Muss für Literaturfreunde.