Literaturbetrieb

Angesichts der zunehmenden Relevanz berufsspezifischer Ausbildung in den Sprach- und Literaturwissenschaften muss es verwundern, dass der 'Literaturbetrieb' in der universitären Lehre eher stiefmütterlich behandelt wird. Wie Bodo Plachta in seiner ' das sei vorweggenommen: hervorragenden ' Einführung zum Thema feststellt: 'Fragt man Studierende der Literaturwissenschaft, der Germanistik, Romanistik oder Anglistik nach ihrem Berufswunsch, antworten viele, sie würden nach dem erfolgreichen Abschluss ihres Studiums ' sofern sie nicht Lehrer werden wollen ' gern bei einem Verlag, in einer Zeitungsredaktion oder bei einer Kultur bzw. Literatur vermittelnden Institution arbeiten. ' Die Ausbildung an der Universität bereitet kaum oder allenfalls ansatzweise auf solche Berufswünsche vor' (7). Insofern ist das Werk Plachtas hochnotwendig, denn es schließt eine empfindliche Lücke: Gegliedert in sechs Module führt es präzise in die vielen Bereiche ein, in die sich der 'Literaturbetrieb' unterteilen lässt. Nach einer kritischen Evaluierung des Begriffs ' dem die Formeln vom 'literarischen Leben' und 'literarischen Feld' (Bourdieu) beigestellt werden ' widmet sich Plachta zunächst dem Autor als wesentlich Handelnden. Hier beschreibt er treffend die zunehmende Eventisierung literarischer Kommunikation, betrachtet die Strategien der Selbst- und Fremdinszenierung der Wortkünstler und leuchtet die sich wandelnden Autorkonzeptionen aus. Ausführliche Seitenblicke gelten ' auch in anderen Kapiteln ' den Literaturfehden, weil sich an ihnen besonders gut Struktur und Wandel der öffentlichen Diskussion um Literatur veranschaulichen lassen. Schon hier zeigt sich eine besondere Stärke des vorliegenden Werkes: Es verbleibt nicht bei einer oberflächlichen Beschreibung gegenwärtiger Phänomene, sondern geht seinen Gegenständen immer auch historisch nach.
Das dritte Modul hat die mediale Verbreitung von Literatur zum Inhalt. Dabei konzentriert sich Plachta stark auf die Buchkultur, denn ' so seine optimistische und nicht unrealistische Annahme ' auch in Zukunft bleibe das Buch 'ein leistungsfähiges Speichermedium mit vielseitigen Nutzungsmöglichkeiten' (67), das auch von seinen elektronischen Konkurrenten wie dem E-Book oder dem Internet nicht verdrängt, sondern nur ergänzt werde. Intensiv setzt sich der Autor in diesem Kapitel mit der Entwicklung der Lesekultur, den Bedingungen des Buchmarkts und der Vermittlerrolle der Bibliotheken auseinander. Ein wichtiger Abschnitt gilt auch der Zensur (für die Plachta ein ausgewiesener Experte ist) und den Bücherverboten, die in der  nationalsozialistischen Bücherverbrennung kulminierten.
Einer anderen Form der Literaturdistribution bzw. 'vermittlung wendet er sich im Modul 'Literaturkritik' zu. Hier definiert Plachta zunächst, was er unter Literaturkritik versteht und warum z.B. auch Literaturpreise eine Sonderform darstellen, ehe er die Orte der Literaturkritik näher fokussiert. Eine Beschreibung des Marktinstruments 'Bestsellerliste' und eine konzise Übersicht über die Formen und Funktionen gängiger deutscher Literaturpreise runden diesen Abschnitt ab.
Das vorletzte Kapitel der Einführung beschäftigt sich mit dem Themenkomplex 'Literatur und Autoren in der öffentlichen Erinnerung'. Plachta zeichnet nach, wie sich die Dichterverehrung entwickelte, wie sie zur nationalen Identitätsstiftung beitrug und welche wichtige Rolle sie heute spielt. Besonders ausführlich erläutert er den Beitrag der Literatur zum kollektiven Gedächtnis und zur gegenwärtigen Erinnerungskultur. Danach widmet er sich auch den Funktionen der vielen literarischen Gesellschaften und den Literaturmuseen, die sich der Bewahrung des literarischen Erbes verschrieben haben. Doch auch die Literaturhäuser und 'büros, die sich hauptsächlich mit der Gegenwartsliteratur auseinandersetzen, werden beschrieben und in den Literaturbetrieb eingeordnet.
Das letzte Modul erläutert schließlich die zahlreichen Formen der Autoren- und Literaturförderung, wobei es Plachta nicht versäumt, auch auf die Probleme einer staatlichen Förderung hinzuweisen.
Insgesamt ist Plachta ein wirklich sehr gutes Überblickswerk gelungen, das in jede Seminarbibliothek, mehr aber noch in jeden Bücherschrank eines Literaturstudenten gehört. Natürlich muss der Autor viele Sachverhalte verknappen und nicht immer wird man mit jedem Urteil übereinstimmen. Auch das eine oder andere Thema hätte stärker betrachtet werden können ' dem Rezensenten fehlt z.B. ein Kapitel zu den Folgen der Globalisierung des Buchmarktes und zur Demokratisierung der Literaturkritik durch Plattformen und Blogs im Internet ', doch alles in allem ist dieses UTB-Buch eine glänzende, sehr gut lesbare Einführung in ein hoch spannendes und immer wichtiger werdendes Thema.