Geschichtsschreibung
Eine Einführung in globaler Perspektive

Markus Völkel, Professor für europäische Geistesgeschichte in Rostock, hat sich ein höchst anspruchvolles Ziel mit dieser Geschichte der weltweiten Geschichtsschreibung gesteckt, eine Geschichte, die fast alle großen Kulturen umfaßt und zwar von der Antike bis zur Gegenwart, nicht als eine umfassende Enzyklopädie, sondern als eine Einführung. Mit Bedauern bemerkt der Autor in seiner Einleitung, daß die heutigen Politik-, Sozial- und Wirtschaftshistoriker die Historiografiegeschichte als esoterisch und irrelevant abtun, daß sie ihre Erkenntnisse lediglich als Hilfswissen einstufen. Sein Bedauern gilt auch den Lücken, die er nicht zu schließen vermochte, wozu Südasien, die Karibik und das südliche Afrika gehören. Dies klingt alles sehr defensiv und es scheint wenig wahrscheinlich, daß sich die Forderung des Autors erfüllt, die Historiografiegeschichte als 'interdisziplinäre Brücke ins literarische Feld' zu integrieren. Die meisten Interessenten werden von den vielen nur schwer zugänglichen Informationen zurückschrecken und vor ihrer scheinbaren Unvergleichbarkeit. Markus Völkel verweist jedoch zu Recht darauf, daß ein Großteil der Hauptwerke der nichteuropäischen Geschichtsschreibung in den letzten 50 Jahren ins Englische übersetzt worden ist und jede Epoche und jeder Kulturraum standardisierte Konstruktionselemente hervorgebracht hat: die frühe spanische und portugiesische Kolonialhistoriografie oder das arabische und japanische Korpus. Methodisch besteht zudem weltweit ein Zusammenhang bei der Technik der Beglaubigung des Erzählten, und überall wird zwischen öffentlich und privat unterschieden, auch zwischen Bild und Text. Im Zuge der Globalisierung ist es zudem zu einer weltweiten Expansion der europäischen wissenschaftlichen Geschichtsmethode gekommen.
Die einzelnen nach Zeit und Raum gegliederten Kapitel behandeln Informationen, die Historiker zu ihren Epochen geliefert haben. Sie fragen nach dem Nutzen des historischen Wissens für die jeweilige Epoche und nach den methodischen Leistungen und Gattungen. Der Autor fragt zudem nach den Zeitvorstellungen, Religionen und der Rolle der Geschichte im Wissenschaftsgebäude. Er ergänzt diese zentralen Aussagen mit politischen, sprachlichen und kulturellen Hintergrundinformationen sowie umfangreichen Literaturhinweisen. Am Anfang des Buches stehen Antike und Byzanz, im Zentrum Indien, China, Japan, Europa und Amerika, am Ende Afrika, dessen Historiker sich inzwischen vom Nationalstaat und vom panafrikanischen Gedanken verabschiedet haben, die die Verschiedenheit des Kontinents akzeptieren und vom Sklavenhandel ausgehend einen 'Black Atlantic' konstruieren, wo Afrikaner bereits vor Jahrhunderten am Fundament des modernen Kapitalismus mitarbeiteten.