Globale Medienkultur
Technik, Geschichte, Theorien.

Nach einem kurzen Blick auf das Inhaltsverzeichnis mag mancher potentielle Leser dieses Buch wieder zur Seite legen, da die Geschichte der Telegraphie, des Rundfunks und des Internets in den letzten Jahren bereits mehrfach niedergeschrieben wurde. Die Entwicklung dieser drei Kommunikationstechnologien machen auch den Hauptinhalt dieses Buches aus, wobei in dem mit 'Kabel' überschriebenen ersten Kapitel Chappes Flügeltelegraph, der elektro-magnetische Telegraph und die Tiefseekabel im Mittelpunkt stehen und im zweiten mit 'Wireless' überschriebenen Kapitel das Telefon, der Rundfunk und die Funksatelliten behandelt werden. Im 'Online-Kapitel' wird schließlich die Geschichte von Internet, Windowisierung und Datenbanken nachgezeichnet.
Darüber hinaus aber versteht sich dieses Buch als eine Geschichte der Medienkultur, was bedeutet, daß der Autor die ökonomischen, politischen, soziologischen und psychologischen Auswirkungen der technischen Innovationen analysiert. So begannen mit der neuen Nachrichtentechnik auf der Grundlage der Elektrizität Sender und Empfänger ihre Kommunikationen völlig neu zu organisieren, wobei sich die Technik in ihren Funktionen immer mehr der direkten sinnlichen Wahrnehmung entzog. Der mit der Telegraphie möglich gewordene schnellere Informationsfluß erlaubte auf den weltweiten Warenmärkten ein schnelleres Reagieren und führte zu einer unmittelbaren Angleichung von Preisen und damit insgesamt zu einem wirklichen Weltmarkt. Seit Aufkommen der Telegraphie etablierte sich auf dem Weg über Radio, Fernsehen und Internet zudem eine neue Mediensphäre, deren neuartige Funktionen ein 'Jenseits der Buchkultur' eröffneten. Sie verbanden nicht nur einzelne Orte miteinander, sondern schufen ganz neue Medien-Orte und erzeugten Teilhabe. Es erfolgte nicht mehr wie bei der Buchkultur lediglich eine Speicherung von Informationen zur späteren Nutzung, sondern alle diese Informationen wurden synchron zugänglich gemacht. Dabei ging es nicht mehr nur um die Herstellung von Verbindungen allein, sondern um die Teilhabe des Einzelnen an einem allgemeinen Kommunikationsraum, der im 20. Jahrhundert zu einem Raum der Massenkommunikation wurde, in dem Distanzen weitgehend aufgehoben wurden. Nach Frank Hartmann bezeichnet 'online' einen 'Zustand der virtuellen Präsenz in computervermittelten Kommunikationsräumen'. Aus der Sicht der Globalisierungsgeschichte begann mit der Telegraphie via Zeitungswesen, vor allem aber in der Folge von Radio, Fernsehen und Internet eine Entgrenzung der Welt, in der nationale Grenzen von den schnell wachsenden Datenströmen immer problemloser überwunden wurden. Der Nutzen des Buches besteht einmal in der Analyse dieser seit Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenen Medienkultur mit ihren neuen Kommunikationsräumen, zum anderen in den vielen technischen Details, auf denen unser heutiges Kommunikationssystem aufbaut und die der Autor in großer Fülle und mit großer Sachkenntnis vor dem Leser ausbreitet.