Kaiser Friedrich III. hat über ein halbes Jahrhundert das Heilige Römische Reich regiert (1440-1493); seine Persönlichkeit und Herrschaft werfen aber trotz guter Quellenlage immer wieder zahlreiche und grundsätzliche Fragen auf. Somit erscheint eine moderne Biographie ' über 100 Jahre nach der umfassenden Gesamtdarstellung von Adolf Bachmann (1884) ' in jeder Hinsicht gerechtfertigt und erwünscht. Wie die dezidiert erstrebte und dargebotene 'gründliche Berichterstattung' deutlich erkennen läßt, hat Friedrich sich lebenslänglich mit dem in der deutschen Verfassung angelegten Dualismus auseinandersetzen müssen. Darauf deutet zum einen sein Umschwenken von anfänglicher Förderung des Konzils zu einem Einvernehmen der beiden abendländischen Universal- und Ordnungsmächte. Sichtbarer Ausdruck dieser Einigkeit von Kaiser und Papst war das bis zum Ende des Alten Reiches grundlegende Wiener Konkordat (1448), die kirchliche Neuordnung der Erblande sowie die Vermählung und Krönung Friedrichs in Rom (1452).
Die wachsende politische und rechtliche Sonderstellung der Hausmacht und die damit sichtbar werdende Distanz des Kaisers zum Binnenreich ist schon früh registriert und kritisiert worden; dies gilt in gleicher Weise für die umfassende Bestätigung der österreichischen Freiheiten (bzw. des Privilegium maius) sowie die Verengung des Herrscheritinerars ' für nahezu ein Vierteljahrhundert ' auf die bevorzugten habsburgischen Residenzen Wien, Wiener Neustadt und Graz. Gerade vor diesem Hintergrund erscheint die um 1470 vollzogene Wende des Kaisers zu einer intensivierten Herrschaft und Präsenz im Reich sowie einer offensiven und konsequenten Westpolitik als wichtigste und folgenreichste Richtungsentscheidung seiner gesamten Herrschaft. In unmittelbarem kausalem und chronologischem Zusammenhang mit dieser Neuorientierung steht die wachsende Bedeutung und institutionelle Festigung des deutschen Reichstages, der sich immer mehr als geeignetes Forum im Ringen von Monarch und Ständen um eine grundlegende Reichsreform anbot.
Mit vollem Recht weist Koller darauf hin, daß es nicht nur die bekannten und sich immer wieder aufdrängenden Probleme, Schwierigkeiten und Überbürdungen des Herrschers gab, denen Friedrich die ihm eigene Geduld, Gelassenheit und Zähigkeit entgegenstellte, sondern auch bemerkenswerte ' zum Teil weniger spektakuläre ' Erfolge. Hierzu gehört ebenso die Einführung des Fehdeverbotes, die Sicherung der Sohnesfolge (zu Lebzeiten des Monarchen) sowie eine geschickte Heiratspolitik, die bekanntlich die Weichen für den Aufstieg des Hauses Habsburg zur europäischen Großmacht ebnete. Das von Friedrich gewählte Motto seiner Regierung ' a-e-i-o-u ' erscheint von daher keineswegs zufällig.
Zu den bemerkenswerten Vorlieben und Interessen des Kaisers, die immerhin etwas von seiner Persönlichkeit und Individualität erahnen lassen, gehört nicht nur seine Liebe und Wertschätzung für Codices und Bücher, die Förderung und Anregung der Geschichtsschreibung, sondern auch die Pflege der eigenen Memoria ' insbesondere die Frage der Gestaltung einer würdigen Grablege.
Alles in allem bleibt festzustellen, daß sich jeder modernen Biographie eine doppelte, nahezu unlösbare Aufgabe stellt: zum einen sollen die politischen und sozialen Strukturen eines Zeitalters analysiert und die Rolle des 'Helden' im Verfassungsgefüge beschrieben werden, zum anderen erwartet der Leser, daß seine Persönlichkeit und der individuelle Lebenslauf ' soweit wie möglich ' sichtbar werden. Sich dieser doppelten Aufgabe gestellt zu haben und mit einem hohen methodischen Bewußtsein und gründlichem Fachwissen gemeistert zu haben, bleibt das Verdienst des Biographen Heinrich Koller.