Er gehörte zu den faszinierendsten Persönlichkeiten der Kleinkunstszene in der Zwischenkriegszeit: Peter Hammerschlag, Sohn eines Wiener Hals-Nasen-Ohren-Arztes sorgte in den 20er und 30er Jahren als Autor, Blitzdichter und Conférencier in Österreich und Deutschland für Furore. Vor allem auch als Verfasser - im doppelten Sinne des Wortes - unreiner Verse wurde Hammerschlag geschätzt ('Ich liebe zärtliche Blondinen / Und läge schrecklich gern auf ihnen'). Nicht nur auf der Bühne, sondern ebenso in den damals wichtigen Zeitschriften und Zeitungen (u. a. im Prager Tagblatt, Wiener Magazin) entfaltete Hammerschlag sein komisches Talent. 1931 gehörte er mit Stella Kadmon und Fritz Spielmann in Wien zu den Gründern des bekannten Kabaretts 'Der liebe Augustin', für das er in der Folgezeit hauptsächlich als Autor und Unterhalter tätig war. Doch auch in vielen weiteren Programmen bekannter Wiener Kleinkunstbühnen scheint sein Name auf - bis 1939. Danach wird das künstlerische Leben des jüdischen Dichters stark eingeschränkt: Zunächst muß er nach Jugoslawien auswandern, aber auch dieses Land ist er gezwungen, schnell wieder zu verlassen. Nach seiner Rückkehr nach Wien wird er zwischen 1941 und 1942 zur Zwangsarbeit herangezogen, woraufhin er untertaucht. Doch schon bald wird er verhaftet: 1942 erfolgt seine Deportation nach Auschwitz, wo er ermordet wird.
Nach 1945 droht sein Werk in Vergessenheit zu geraten - an Hammerschlag kann man fast exemplarisch studieren, was es bedeutet, daß die Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten immer auch einen Mord am kulturellen Gedächtnis miteinschloß. Daß seine Gedichte und Kurztexte nicht ganz vergessen wurden, ist alleine Hammerschlags Freund und Mentor Friedrich Torberg zu verdanken, der 1972 den Band Der Mond schlug grad halb Acht mit zahlreichen grotesken Gedichten Hammerschlags vorlegte. Torberg hielt Hammerschlag für eine der 'originellsten Begabungen, die im Wien der Ersten Republik zwischen Cabaret und Literatur hin und her pendelten'. Lange blieb die kleine Ausgabe von Torberg die
einzige Möglichkeit, sich mit dem Kabarettisten zu beschäftigen. Seit 1997 aber bemüht sich der Wiener Zsolnay-Verlag erneut um den Nachlaß des 'Blitzdichters': Zunächst erschien eine Sammlung seiner Gedichte (Die Wüste ist aus gelbem Mehl, 1997), nun legt der Verlag eine Zusammenstellung von Kurzprosa-Texten vor, die z. T. bislang noch unpubliziertes Material einschließt. Die Herausgeber Volker Kaukoreit und Monika Kiegler-Griensteindl haben eine schöne Auswahl getroffen, die zeigt, wie begabt Hammerschlag war. Kleine Skizzen, groteske Betrachtungen und Kurzgeschichten versammelt der Band, der auch einige Zeichnungen des Autors aufgenommen hat. Bissig karikiert Hammerschlag in vielen Texten die Alltagsmode, macht sich über die Marotten seiner Mitmenschen lustig - oder amüsiert sich über seine eigene Unfähigkeit, sich im wirren Wiener Leben zurecht zu finden. Die kleinen Prosastücke sind liebevoll kommentiert durch Kaukoreit und Kiegler-Griensteindl - wenngleich sie es mit den Erklärungen gar manchmal übertreiben. So z. B., wenn sie Hammerschlags Satz 'Hunde aller Länder, hütet Euch vor Überorganisation' (aus dem satirisch-grotesken Text 'Mein Hund') nicht nur als Anspielung auf Karl Marx' und Friedrich Engels' letzten Satz aus dem Kommunistischen Manifest, sondern auch als Beleg für Hammerschlags 'Mißtrauen gegenüber seligkeitsversprechenden Ideologien von rechts wie von links' verstanden wissen wollen. Überhaupt scheinen es die Herausgeber in ihrem - sonst ganz exzellenten - Nachwort zu bedauern, daß sich Hammerschlag nicht sehr mit Politik beschäftigte, mehr noch, sie halten dies für eine Schwäche seiner Texte. Das allerdings erscheint angesichts der Kleinodien wirklich als Ungerechtigkeit. Hammerschlag bleibt rundheraus eine tolle (Wieder-)Entdeckung!