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Österreich - Polen - WLA-Online - Wissenschaftlicher Literaturanzeiger
Österreich - Polen
Stationen gemeinsamer Geschichte im 20. Jahrhundert

Naheliegend, dass ein Tagungsband im Auftrag der Diplomatie eher dramatische Zeitetappen wählt, beginnend mit dem Ersten Weltkrieg, als es die beiden Staaten noch gar nicht gab. Vielfach zum ersten und auch schon zum letzten Mal lernten da die Soldaten der k.u.k.Armee die Dimensionen ihres Staates, die landschaftlichen und volkskulturellen Besonderheiten seines Ostens kennen; während Flüchtlinge, aus der Kampfzone Galizien evakuiert, Bekanntschaft mit Menschen und Gebiet des heutigen Österreich machten, und schließlich sich vornehmlich von dort wieder in die Herkunftsregion verabschiedeten.

Perhorreszierend gestaltete sich, ja oft tödlich endete der Aufenthalt von Menschen aus dem okkupierten Polen in der ‚Ostmark‘ als Teil des (‚Dritten‘) Deutschen Reichs, sei es als KZ-Häftlinge, als Zwangsarbeiterinnen oder/und als, notgedrungen, rekrutierte Arbeitskräfte. Wenig dramatisch verliefen hingegen die Relationen ‚Polen-Österreich‘ in der paktiert stabilen Phase diesseits und jenseits des ‚Eiserenen Vorhangs‘, wo die bevorzugt ökonomischen Anbahnungen tatsächlich auch einen Beitrag zur propagierten ‚Entspannung‘ im ‚Kalten Krieg‘ lieferten. Die dafür maßgeblichen 70er-Jahre bilden einen Schwerpunkt des Bandes. Die mehr oder weniger florierende Kooperation der beiden Staaten endete mit der ‚polnischen Krise‘ (1980/81 Massenstreiks der Gewerkschaft ‚Solidarność‘; ‚Kriegsrecht‘), die Österreich als eines der Hauptgläubigerländer von Krediten an Polen sowie Destination von Fluchtbewegungen aus Polen empfindlich traf.

Das Autorenteam bedient sich Quellen aus der Diplomatie, Staatsakten der Regierenden (besonders jene aus der Ära Kreisky), Presse, Forschungsliteratur sowie Statistik. Direkte Stellungnahmen der sozialen Basis sind spärlich: jene Bilder, die polnische und österreichische Menschen voneinander haben, müssten aus den alternierend aufeinanderfolgenden Perspektiven der jeweiligen nationalen Beiträge erschlossen werden. Eine tatsächlich ‚belastete Vergangenheit‘ würde die NS-Zeit abgegeben haben, hätte nicht das kommunistische Polen Nachsicht verordnet gegenüber Österreich, das „dem Reich angeschlossen war“ (S. 251). Dabei würde das eigentliche Polen-Bild im NS-Staat einen eindrücklichen Gradmesser abgeben: Ein Staat jedenfalls, der „große rassenbiologische Bedenken“ (S. 131) formulierte, und ‚Konzessionen‘ zu machen hatte in Bezug auf den Einsatz von gemischt polnischen und deutschen Arbeitskräften. Entschädigungsforderungen, zusammen mit akribischen Erforschungen zur Zwangsarbeit, setzten später, in der ‚Dritten Republik’ Polens, den 90er-Jahren ein.

Nationale wie auch moralische Zuordnungen nach einer glatten ‚Opfer-Täter - Dichotomie‘ werden in den Beiträgen nicht vorgenommen. Das Prinzip der Selektion zum Zweck der Delegation von (‚Arbeits‘-)Funktionen bei der mörderischen Alltagsbewältigung im KZ Gusen, machen eine Entmischung nicht gerade einfach: so gab es die spezielle „Haftart ‚Juden-Polen‘“ (S. 108); Polen als „skrupellose Handlanger“ der SS (S. 99) oder „in Schlüsselpositionen der Bauleitung des Baubüros“ (S. 105).

Nach 1945 war man staatlicherseits merklich an Arrangements interessiert. Es herrschte ein „interessensorientiertes Modell“ (S. 263) vor, und das im Korsett der Geopolitik im ‚Kalten Krieg‘. Die „zahlreichen Zwänge“ (S. 253), denen Polen und Österreich unterlagen, scheinen die Staaten verbunden, ja auch gemeinsam zu haben: Österreich als politisch neutral, aber dem Westen zugewandt und auch zugeordnet; Polen, dem kommunistischen ‚Ostblock‘ eingegliedert. Wobei in Polen der historisch bedingte antirussische Affekt sowie die Katholizität (der Anti-Atheismus) der breiten Gesellschaft als latente Illoyalität dem ‚System‘ gegenüber in diesem ‚Bruderstaat‘ des ‚Warschauer Pakts‘ am markantesten ausgebildet war. – Gleichsam trog in beiden Fällen daher oft der Schein.

Unter der Dominanz der Politik Bruno Kreiskys, in den 70er-Jahren, versuchte besagter Kanzler sich als Regieführer der Entspannung. So auch in Bezug auf Polen, wobei günstige Energiegeschäfte (Kohle) eine tragende Rolle spielten. Damit verbundene Kreditierungen blieb, bei diesbezüglich anwachsendem Erwartungsniveau der polnischen Seite, ein Staat schuldig, der gewohnt, sich um die Schaffung von ausgeglichenen Bilanzen nicht allzu viel besorgen zu müssen. Kreisky verschätzte sich allein schon darin, notfalls die Sowjetunion für die Schulden Polens aufkommen zu sehen. Offenbar hielt er die ‚Sozialismen‘ in Polen und Österreich für Varianten (die SPÖ hieß bis 1991: ‚Sozialistische Partei Österreich‘).

Die Analysen der Beiträge befunden somit eine Art von Mitfinanzierungsbeitrag Österreichs für ein kommunistisches Regime, während es sich gleichzeitig rituell auf die Einmahnung von Menschenrechten verlegte. Als dann, 1981, die polnische Regierung ins Wanken geriet, Menschen in Richtung Österreich das Land verließen, sprach Kreisky von ‚Polenflut‘ (vgl. S. 232), und auch die österreichische Öffentlichkeit ließ Menschen aus Polen nur als unliebsame ‚Wirtschaftsflüchtlinge‘ (vgl. S. 227) gelten, deren Unterbringung immerhin Steuergeld kosteten (vgl. S. 238).

Dem, dass es sich bei Polen und Österreich um „Nachbarländer“ (S. 149) handelt, kann füglich widersprochen werden. Nicht aber den folgenden Feststellungen: „Die riskante Politik Wiens machte sich aber dennoch für die österreichische Wirtschaft bezahlt. Mit Beginn des Transformationsprozesses in Polen [späte 80er- und 90er-Jahre; P.R.K.] war Österreich präsent, österreichische Firmen und Banken hatten einen guten Ruf und konnten in der Folge wirtschaftlich enorm profitieren.“ (S. 199); oder der Botschafterin der Republik Polen ist zuzustimmen: „Viele meiner Landsleute haben in Österreich eine zweite Heimat gefunden, sei es für einen Lebensabschnitt oder für ein Leben lang.“ (S. 14) Die jüngere Zeitperiode behandelt der Band nicht mehr. In der Epoche der politischen Sphärentrennung, war es vor allem der kulturelle Austausch, der dafür sorgte, dass „die Völker in beiden Ländern einander nicht völlig fremd blieben“ (S. 262).

Vorliegende Ausführungen hinterlassen den Eindruck, dass das Verhältnis ‚Polen-Österreich‘ über lange Perioden hinweg eher korrelativ, ergänzend, nicht aber rivalisierend oder gar feindlich war. Für die jüngere Gegenwart gilt: Während polnische Menschen in Österreich oft in ihrer ‚Polonia‘ genauso wie in Österreich integriert sind, gibt es eine quantitativ vergleichbare ‚Austrian Community‘ im heutigen Polen nicht.