In ihrer Greifswalder Dissertationsschrift untersucht Ann-Catherine Lichtblau die mediale und publizistische Dimension der Karl-Gustav-Kriege zwischen der Krone Schweden einerseits und der Krone Dänemark und ihren Alliierten, namentlich u.a. Kurbrandenburg-Preußen und die Niederlande, andererseits. Die für diese Studie gewählte Bezeichnung des Kriegskomplexes beruht auf nordeuropäischen Vorbildern. Im deutschsprachigen Raum werden die Kriege als Bestandteile des Ersten/Zweiten Nordischen Krieges gefasst. Der erste Karl-Gustav-Krieg (1657/58, beendet im Februar 1658 durch den Frieden von Roskilde) und der zweite Karl-Gustav-Krieg (1658–60, beendet im Mai 1660 durch den Frieden von Kopenhagen) wurden nicht nur zu Land und zu Wasser ausgefochten, sondern auch in der medialen Arena – und dies auch unter Mitwirkung von Reichsständen des Heiligen Römischen Reiches, zu welchen freilich auch die beiden nordeuropäischen Monarchen selbst zählten. Die Kriegshandlungen in den norddeutschen Ländern, in Dänemark und Norwegen, vor allem aber am Öresund fanden unter militärischer, politisch-diplomatischer und publizistischer Einbeziehung des Heiligen Römischen Reiches und unter Hinwendung an die Reichsöffentlichkeit statt. Zeitgenössisch wurden die Kriege gerade von dänischer Seite zu einem europäischen Konflikt aufgebaut, und insbesondere die Freiheit des Ostseehandels wurde hierbei zu einem zentralen Thema. In der Erinnerung der nordischen Länder nehmen diese Kriege einen besonderen Stellenwert ein, während sie im heutigen Deutschland kaum bekannt sind (S. 14f.). Die schwedischen Querungen der zugefrorenen Belte, der ‚Panikfriede‘ von Roskilde, das niederländische Eingreifen in der Seeschlacht im Öresund, der gescheiterte schwedische Generalsturm auf Kopenhagen und der Sieg der Dänen und ihrer Verbündeten bei Nyborg wurden durch die zeitgenössische Publizistik zu markanten Bildern geformt, die zu zitierfähigen und festen Bezugsgrößen in Nordeuropa wurden (S. 288).
Der von Lichtblau untersuchte und auch statistisch ausgewertete Quellenkorpus umfasst mehr als 600 zumeist deutschsprachige Flugschriften und -blätter. Ihren Höhepunkt erreichte die publizistische Flut im Jahr 1659. Die Kernaussagen und Argumentationsstrategien der Texte werden unter Rückbezug auf die Geschehnisse aufbereitet und untersucht. Dänische, schwedische und reichsständische Stimmen werden dabei nebeneinander gestellt. Dies schafft einen vergleichenden Blick auf ähnliche bzw. abweichende Vorgehensweisen der beiden Kronen in dieser Konfliktarena. Zunächst werden von Lichtblau die selten angegebenen Druckorte und die ebenfalls nur selten zu ermittelnden Verfasser vorgestellt; auch die Rezipientenkreise in den jeweiligen Ländern und im größeren europäischen Rahmen werden diskutiert. Das Quellenmaterial wird in der Studie zunächst chronologisch gefasst betrachtet. Denn die drei distinkten Phasen – der erste Krieg, die kurze zwischenzeitliche Friedensphase 1658 und der zweite Krieg – schufen je eigene Bedingungen für die begleitenden und einordnenden Diskurse. Es wird aufgezeigt, wie die beiden Kronen bzw. private Akteure das eigene Kriegsbeginnen bzw. -handeln in den unterschiedlichen Interaktionsphasen rechtfertigten und jenes der Gegenseite zu delegitimieren versuchten. Daneben werden in synchron gegliederten Kapiteln der rhetorisch ausgefochtene Krieg der Diffamierungen und Fremdzuschreibungen sowie die propagandistisch aufbereiteten und juristisch untermauerten Rechtfertigungsstragien in den Blick genommen.
Der Wechsel zwischen dänischer und schwedischer Perspektive gerät in den chronologisch gegliederten Kapiteln manchmal etwas sprunghaft. Aufgrund des Nacheinanders der diachronen und der synchronen Analyseteile kommt es zu gelegentlichen Wiederholungen. Leider enthält die Studie keinerlei Abbildungen, dabei hätte die Verwendung von Bildmaterial eine anschaulichere Besprechung auch des visuellen Quellenmaterials erlaubt. Der Band beinhaltet ein umfangreiches Verzeichnis der verwendeten Drucke der Jahre 1657 bis 1660; das Verzeichnis ist chronologisch nach Jahren gegliedert. Eine kurze chronologische Tafel des Kriegsgeschehens und ein Personenregister runden den Band ab.