Christian Boseckerts Biographie zu Herzog Johann Casimir von Sachsen-Coburg basiert auf seiner Würzburger Dissertationsschrift. Bisher war eine Biographie zu jenem Herzog von Sachsen-Coburg ein Desiderat der Forschung (S. 28f.). Der Verfasser schließt diese Lücke mit einer im Grunde vollständig auf Archivdokumenten gegründeten Arbeit. Die gute archivalische Quellenlage erlaubt es Boseckert, unterschiedliche Facetten des herzoglichen Lebensweges und des werdenden herzoglichen Staates in den Blick zu nehmen. Der Band ist grundsätzlich in thematische Blöcke gegliedert; allerdings sind die einzelnen Themenkomplexe chronologisch geordnet. Zwei große politische und militärische Einschnitte stecken gleichsam den Rahmen der Studie ab. Die Verhältnisse Herzog Johann Casimirs wurden durch diese jeweils in erheblichem Maße zerrüttet. Die Grumbachschen Händel der 1560er Jahre, die Zerstörung des Schlosses Grimmenstein und die kaiserliche Gefangenschaft des Vaters einerseits setzten den Ton für Johann Casimirs Kindheits- und Jugendjahre sowie für sein frühes politisches Vorgehen, sich gegen den fortschreitenden Niedergang der Ernestiner zu stellen. Andererseits stellte der Dreißigjährige Krieg eine elementare Bedrohung für all jenes dar, das der Herzog zu seinen Lebzeiten geschaffen hatte.
Raumgreifend behandelt Boseckert die Bemühungen des Kurfürsten von Sachsen aus der albertinischen Linie, die dynastische und konfessionelle „Identität“ (S. 33) der Ernestiner auszuhöhlen und sie zu kursächsischen Satelliten zu machen. Demgegenüber spürt Boseckert den Pfaden nach, auf welchen es gelang, eben jene ernestinische Eigenart mittels geheimer Korrespondenz und Dissimulation zu bewahren und an die nachfolgende Generation weiterzureichen. Die Studie behandelt ebenso die Entwicklung einer repräsentativen Hofhaltung auf der Höhe der Zeit bei zu gleich wachsender Schuldenlast; Coburg wurde mittels herzoglicher Baumaßnahmen das Gepräge einer Residenzstadt gegeben, d.h. dem Hof wurde ein angemessenes architektonisches Gehäuse verliehen. Der Aufbau des Staates, seiner Institutionen, seiner Sitze und seiner vorrangigen Bildungseinrichtung, des Casimirianums, vollzog sich an der Schnittstelle von Fränkischem und Obersächsischem Reichskreis. Boseckert nimmt ein weites Spektrum anderer Themenkomplexe in den Blick, von einer Politik der Sozialdisziplinierung und der Hexenverfolgung über die Auseinandersetzungen mit den benachbarten Hochstiften und der eigenen Ritterschaft bis zu den Konflikten und Vergleichen innerhalb des ernestinischen Hauses. Denn hier standen sich durchaus konkurrierende Ordnungsprinzipien einander gegenüber: Während zum realen Vater, Herzog Johann Friedrich dem Mittleren, erhebliche Spannungen auch wegen der Frage des väterlichen Vorranges oder jenes des Sohnes als regierendem Reichsfürsten bestanden, war das idealisierte Bild des Vaters jenes eines lutherischen Märtyrers (S. 341–346), ersichtlich etwa am Grabmal in der Coburger Morizkirche (S. 227–229). Auch das Kapitel zur Ehe mit und zur Scheidung von Anna von Sachsen wirft ein Schlaglicht auf die enge Verzahnung von Spannungen im Gesamthaus der Wettiner, höfischer Repräsentation, fürstlicher Reputation und Sicherung des Fortbestandes der Linie. Dem Gebot der chronologischen Ordnung folgend beschließt der Verfasser den Band mit der Coburger Neutralitätspolitik am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges und den Auswirkungen des Krieges selbst.
Doch stehen die politischen Aktivitäten Herzog Johann Casimirs in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges weit weniger im Fokus der Studie als vorherige Lebensabschnitte und andere Themenbereiche. Die zweite Ehefrau Herzog Johann Casimirs, Margarethe von Braunschweig-Lüneburg, bleibt in Boseckerts Darstellung aufgrund der in ihrem Fall schlechteren Quellenlage deutlich blasser als seine erste Ehefrau (S. 28). Der Gesichtskreis der Studie ist – wie vom Verfasser auch so angelegt – deutlich auf den fränkischen und obersächsischen bzw. thüringischen Raum zugeschnitten. Bedingt durch Verschränkung von chronologischem und thematischem Ordnungsprinzip ergeben sich einige Rück- beziehungsweise Vorgriffe bei der Darstellung. Eine kleine Karte, eine genealogische Tafel und dreizehn Abbildungen sowie ein Personenregister beschließen den überaus gelungenen und gut lesbaren Band.