Das Savo-Regiment aus Finnland im Deutschland des 30-jährigen Krieges (1630-1650)
Savon rykmenti 30-vuotisessa sodassa 1630-1650. Kipinä: Mitgliederinformationen der Deutsch-Finnischen Gesellschaft Niedersachsen e.V., 174 (Sonderausgabe Mai 2021)

Den Rahmen der Darstellung bilden die heutigen Bemühungen um die deutsch-finnische Freundschaft und die Begegnungen von Vertretern der Zivilgesellschaften beider Länder. Ein historischer Anknüpfungspunkt einer gemeinsamen Erinnerungskultur ist hierbei die von Detlev Pleiss als eine Art ‚Erstkontakt‘ dargestellte Reihe von Begegnungen zwischen ausgeschriebenen finnischen (Bauern-)Soldaten und der sesshaften, „bodenständigen“ (S. 70) Bevölkerung in deutschen Territorien und Städten im Laufe der 1630er und 1640er Jahre. Das negative Stereotyp über die finnischen Krieger und die ihnen zugeschriebene brutale Vorgehensweise im Kriegstheater soll von dieser Untersuchung ausgeräumt werden – am Beispiel des Infanterieregiments aus den ostfinnischen Landschaften Savo und Südkarelien. Die angenommene Tradierung vom Bild des grausamen ‚Hakkapeliten‘-Reiterkriegers auch in der neueren Geschichtswissenschaft selbst bleibt schemenhaft und wird nicht deutlich herausgearbeitet. Die angestrebte differenzierte Betrachtung der finnländischen Fußsoldaten entwickelt sich in dieser Darstellung vor dem Hintergrund einseitig beurteilter anderer Einheiten: Die Soldaten der „multinationalen Regimenter“ bilden die Negativfolie, von welcher sich die disziplinierten Angehörigen des savokarelischen „Nationalregiments“ positiv abheben (S. 26, 36, 56f., 74).

Innerhalb dieses Rahmens werden die historischen Etappen und Ereignisse rund um das savokarelische Infanterieregiment anhand ihrer Obristen und höheren Offiziere, ihrer Marschroute(n) durchs Heilige Römische Reich, ihrer Gefechtsteilnahmen und Mannschaftsausfälle sowie ihrer Stationierungen als Garnisonstruppen viermal in chronologischer Ordnung vorgeführt: teils als dürre Stichpunkte zu Marschwegen und Verlusten, teils als seitenlange Quellenauszüge zur Überquerung des Lechs im April 1632 (S. 48–55). Dieser Vorgehensweise ist es geschuldet, dass manche Informationen mehrfach wiedergegeben werden; demgegenüber aber sind zusammengehörende Betrachtungen auf verschiedene Kapitel verteilt. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Quellenkorpus etwa im Hinblick auf den prominent präsentierten Obristen Caspar Ermes, der in den 1640er Jahren als Gouverneur von Erfurt wirkte, unterbleibt: Zeitgenössisches und späteres Lob und Huldigungen für den Kriegsmann aus Livland werden aufgereiht, aber nicht in ihren Kontext eingeordnet und kritisch diskutiert (S. 31–41).

Der Band wird nicht von einem Quellen- und Literaturverzeichnis abgeschlossen, was es für nachfolgende Forscherinnen und Forscher schwer macht, von der umfassenden Quellen- und Literaturkenntnis Pleiss’ zu profitieren (hierfür sei auf seine Dissertation verwiesen: Detlev Pleiss, Bodenständige Bevölkerung und fremdes Kriegsvolk. Finnen in deutschen Quartieren 1630–1650, Åbo 2017). Ein Orts- und ein Personenverzeichnis fehlen ebenfalls. Dies erschwert die Arbeit mit dem Band gerade angesichts der vielen, detaillierten Hinweise auf einzelne Akteure und Orte. Nachteilig wirkt auch die teils uneinheitliche, nicht-standardisierte Schreibweise von Namen, die Missverständnissen Vorschub leisten könnte. Bei einigen Zitaten fehlen im Anmerkungsapparat die vollständigen Belege (etwa S. 10f.). Dies fällt gerade deswegen auf, weil der Autor selbst in der Geschichtsschreibung tradierte Fehlzuschreibungen aufdeckt und richtig stellt. Die Gestaltung des Anmerkungsapparates ist zudem nicht einheitlich: Teils werden die Belege in den Fußnoten angegeben, teils werden diese im Fließtext in Klammern gesetzt.

Der Detailreichtum und die Materialfülle von Detlev Pleiss’ Darstellung können Forscherinnen und Forschern trotz der oben erwähnten Monita manch interessante Einblicke und spannende Anregungen für eigene Studien zum schwedischen und finnischen Kriegsengagement im Dreißigjährigen Krieg bieten.