Zwischen Regie und Regime
Die Filmpolitik der SED im Spiegel der DEFA-Produktionen

Zwei Bücher aus demselben Gegenstandsbereich, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten und die sich dennoch in einem treffen: Beide wollen darstellen, daß und wie und mit welchen Wandlungen in der DDR im Bereich des Ästhetischen Dogmas und tatsächliches Verhalten bzw. Theorie und Praxis im Laufe der vierzig Jahre der Lebensdauer dieses (künstlichen) Staates zueinander verhielten.

Der von Henckmann und Schandera herausgegebene Sammelband gibt einen Teil der Vorträge einer Tagung wieder, der von den Universitäten Magdeburg und München nach etlichen vorbereitenden Unternehmungen veranstaltet wurde.

Gegenstand ist die ästhetische Theorie in der DDR, schon von der Natur der Sache her ein luftiges Gebilde, das unter den Bedingungen der von den beteiligten teilweise verinnerlichten robusten Parteidiktatur ein besonders zartes Pflänzchen war. Wenn aus den oft in einer hermetischen Sprache abgefaßten Beiträgen der noch z. T. in der Ausbildung befindlichen Autoren („nachwachsende Wissenschaftler“, so das Vorwort) etwas hervorgeht, dann das, daß die (staats-)marxistische Ästhetik ein höchst komplexer, überraschend differenzierter Gegenstand war und nicht über einen Kamm geschoren werden darf – eine der Überraschungen ist beispielsweise, daß die sowjetische ästhetische Theorie von der der DDR gelernt hat, während es doch eigentlich umgekehrt hätte sein sollen.

Dagmar Schittlys Untersuchung der SED-Filmpolitik ist das handfeste Gegenstück zum Theorie-Buch. Hier wird sehr konkret die kulturpolitische Entwicklung der DDR von 1945 bis 1990 nachgezeichnet und in ihrem Rahmen die des DEFA-Films. Mag es manche Detailschiefheiten oder -irrtümer geben (Rathenau wurde nicht von „Angehörigen einer antisemitischen Vereinigung ermordet“, oder der „Neue Kurs“ war ein Ereignis des Jahres 1953 und hatte 1956 schon längst aufgehört), so eröffnet die schön positivistisch auf ausgiebig zitierten Quellen gestützte Arbeit doch zahlreiche Einsichten. Beispielsweise sind die Ausführungen erhellend, in denen dargelegt wird, wie es möglich war, daß solche nun gewiß (wenn auch vielleicht in diesem Ausmaß unbewußt) subversiven Filme wie Das Kaninchen bin ich oder Die Spur der Steine überhaupt fertiggestellt werden konnten. Gleichzeitig wird deutlich, wie sich die Parteizensur auch materiell verheerend auswirkte, wenn etwa „nahezu die vollständige DEFA-Produktion zu diesem Zeitpunkt [scil. nach dem 11. Plenum des ZK] und kurz danach Verboten wurde“ – vom Künstlerischen ganz zu schweigen. Den Leser erfüllt es mit um so größerer Bewunderung, daß und wie unter diesen Bedingungen wunderbare Kunst gemacht werden konnte.