Transnationale Geschichte

In den letzten Jahren haben sich die Seminare an deutschen Universitäten zunehmend globalgeschichtlichen und transnationalen Themen und Problemstellungen geöffnet. Da erscheint es nur folgerichtig, dass in einer der verlässlichsten Reihen für Lehr- und Studienbücher (Grundkurs Neue Geschichte) ein Band zur transnationalen Geschichte erscheint. Mit Margrit Pernau konnte dafür eine Autorin gewonnen werden, die sowohl mit methodischen Überlegungen als auch mit empirischer Forschung einschlägig ausgewiesen ist. Diese Kombination macht auch den Reiz des anzuzeigenden Buchs aus.

'Transnationale Geschichte' folgt dabei einem klaren Aufbau. Zunächst werden historiografische Traditionen beleuchtet, wobei der Überwindung von 'Geschichtsschreibung als nationaler Aufgabe' eine besondere Bedeutung zukommt. Anschließend belegt Pernau, dass transnationale Geschichte keine quasi ex nihilo in den letzten Jahren verbreitete Modeerscheinung ist, sondern sich durchaus auf Forschungstraditionen berufen kann, die Anknüpfungen ermöglichen. Genannt seien die Geschichte der internationalen Beziehungen oder auch die Imperialismusforschung.

Im dritten Kapitel werden methodische Zugänge jenseits der Nation vorgestellt. Neben dem theoretischen Rüstzeug (wichtige Definitionen werden knapp, aber präzise in Kästchen präsentiert) diskutiert Pernau dabei Vor- und Nachteile von 'Connected History', Transfergeschichte, 'Histoire croisée', Verflechtungsgeschichte und Welt- oder Globalgeschichte. Für Studierende und Nachwuchswissenschaftler besonders hilfreich sind auch die Anmerkungen zur Bedeutung jedes Zugangs für die historische Praxis, wenn sie etwa in der Debatte um Globalgeschichte die Arbeiten von Christopher Bayly und Jürgen Osterhammel vorstellt und die Frage aufwirft, inwiefern Geschichte als klassisches 'Ein-Mann/Frau-Unternehmen' überhaupt noch funktionieren kann.

Das gelungenste Kapitel ist 'Forschungsfeldern' gewidmet und stellt Arbeiten (und ihre Verfasser) zu transnationaler Geschichte vor. Hier wird Reflexion mit Anschaulichkeit verbunden, was es dem Leser erlaubt, virtuelle oder mentale Reisen in geografische Regionen und Forschungslandschaften zu unternehmen, die von der deutschen Geschichtswissenschaft noch zu selten bereist werden.

Das abschließende Kapitel 'Die Sprache der transnationalen Geschichte' bleibt demgegenüber an Präzision etwas zurück. Dies scheint aber zuerst ein Beleg dafür zu sein, dass die Debatte um die transnationale Geschichte eben doch noch eine junge ist; diese Frische macht dafür auch ihre Attraktivität aus. Das Buch zeigt aber auch, wo (noch) die materiellen und mentalen Grenzen internationaler Forschung liegen. Es liest sich deshalb nicht zuletzt auch als ein leiser Appell an (zukünftige) Historiker, sich diese Grenzen in ihren Köpfen bewusst zu machen und in ihren Arbeiten zu reflektieren.