"Der ewige Jude"
Metaphern und Methoden nationalsozialistischer Propaganda

Weithin bekannt ist der antisemitische Film 'Der ewige Jude' , mit dem die Nationalsozialisten ab November 1940 im Kino gegen die Juden zu Felde zogen. In zahlreichen Dokumentationen werden Ausschnitte aus diesem Film gezeigt, auch die Forschung hat sich detailliert diesem Machwerk gewidmet. Weitaus weniger bekannt aber sind die gleichnamigen Ausstellungen, die bereits in den dreißiger Jahren in einigen Städten gezeigt wurden. Wolfgang Benz, Leiter des Berliner Zentrums für Antisemitismusforschung, hat sich in einem seiner neuesten Bücher ihrer nun angenommen.

In dem reich bebilderten Band schlägt Benz den Bogen von den Wurzeln der Figur des ewigen Juden im Mittelalter, der ' lange vor dem Film und der Ausstellung ' in Gestalt der Ahasver-Legende in der Literatur populär geworden ist. Dem folgt ein instruktiver Teil über den modernen Antisemitismus und seine Rolle in der NS-Propaganda sowie über die Ausstellung als Propagandainstrument. Den zentralen Teil des Buches widmet Benz der Ausstellung 'Der ewige Jude' , die erstmals im November 1937 in München, später in Wien und anderen Städten gezeigt wurde.
Von lautem Propagandagetöse begleitet, umrahmt von einer 'wissenschaftlichen' Vortragsreihe entwickelte sich die antisemitische Schau zu einem Publikumsmagneten und wurde noch verlängert. In einem Gang durch die Weltgeschichte zeigte die Ausstellung in großen Schritten den vermeintlich verderblichen Einfluss des 'ewigen Juden' auf die Entwicklung etwa als Wucherer in der Finanzwelt, durch den Bolschewismus, die 'Entartung' in Kunst, Literatur und Musik. Viele Elemente der Ausstellung finden sich später auch im Film wieder, etwa konnten die Ausstellungsbesucher Filmaufnahmen einer Schächtung sehen wie sie später auch im Propagandafilm zu sehen waren. Benz gelingt es hier, die Ausstellung materialreich und plastisch zu erzählen. Besonders interessant ist der Bericht des amerikanischen Konsuls, der in der Ausstellung oft einen ' selbstredend unbeabsichtigten ' Beweis für jüdische Leistungskraft erkannte.

Auch auf die weiteren Stationen der Ausstellung geht Benz ein, so in Wien, wo für alle Schüler der Besuch obligatorisch war, oder in Berlin, wo die Ausstellung am 12. November 1938, unmittelbar nach der Reichspogromnacht, eröffnet wurde. Nach einem verhältnismäßig kurzen Blick auf den Film wendet sich Benz einem schlechter erforschten Terrain zu, der antisemitischen Propaganda in den besetzten Ländern, hier der Ausstellung im besetzten Frankreich, andere besetzte Gebiete jedoch fehlen.

Wolfgang Benz hat einen wichtigen Teil der antisemitischen Propaganda der Nationalsozialisten rekonstruiert und in einen breiteren Kontext eingeordnet und so anschaulich auch die Brücke von Propaganda zu Massenmord geschildert.