Hans Hespe gehörte ab März 1941 etwa ein Jahr dem Bremer Reserve-Polizeibataillon 105 an. Polizeibataillone wie dieses waren, wie wir spätestens seit Christopher Brownings Buch über 'Ganz normale Männer' wissen, in entscheidendem Maß am Mord an den Juden und an der oft hemmungslosen Gewalt gegen die übrige Zivilbevölkerung beteiligt. Mittlerweile ist die Forschung hierzu weit fortgeschritten und hat zunehmend auch die justitielle Ahndung dieser Verbrechen in den Blick genommen.
Darum jedoch geht es Karl Schneider in seiner biographischen Studie nicht ' insofern führt der Untertitel in die Irre. Dem Polizei-Bataillon widmet Schneider lediglich ein schmales Kapitel von rund zwanzig Seiten. Vielmehr geht es um den wechselvollen Lebensweg und schwierigen Charakter Hans Hespes.
1906 in der Nähe Bremens geboren, verlor Hespe schon 1916 seine Eltern und beiden Geschwister durch einen Segelunfall. Als Erwachsener glückte ihm ein enormer Aufstieg ' er betrieb eine gutgehende Kaffeerösterei, bevor er schließlich zur Polizei eingezogen wurde. Dort beobachtete er angewidert den privaten Beutezug vieler Kameraden und der Vorgesetzten, letzteren warf er zudem Versagen und Feigheit vor. Seine Beschwerden gegen die Vorgesetzten führten schließlich zur Verhaftung Hespes, zunächst saß er im Rigaer Gefängnis, später kam er nach Dachau, wo er in der Lagerhierarchie zum Funktionshäftling aufstieg.
Gegen Kriegsende kam er in eine 'Bewährungseinheit' und gelangte so schließlich in sowjetische Kriegsgefangenschaft, aus der er im Herbst 1945 nach Bremen zurückkehrte. Dort versuchte er, die Alliierten auf die Verbrechen des Polizei-Bataillons aufmerksam zu machen und Entschädigungsforderungen geltend zu machen. Im Mai 1946 zog er nach Berlin, um auch dort von den Verbrechen zu berichten ' diesmal den sowjetischen Behörden.
Diese internierten ihn jedoch, erst 1950 wurde er entlassen und zog nach West-Berlin. Da Hespe sich nun in der 'Vereinigung der Opfer des Stalinismus' engagierte, wurde das Ministerium für Staatssicherheit auf ihn aufmerksam. 1954 nach Ost-Berlin entführt, folgte die Verurteilung zu sechs Jahren Haft, aus der er erst 1961 in die Bundesrepublik zurückkehrte. Bemühungen, als Opfer des Stalinismus anerkannt zu werden, scheiterten. Zwar gelang es ihm 1964 endlich, ein Ermittlungsverfahren gegen den Kommandeur des Polizeibataillons anzustoßen, doch dies verlief mit der Einstellung 1968 im Sande.
Karl Schneider hat eine faszinierende Geschichte bloßgelegt, gestützt auf umfangreiche Archivstudien und auch privates Material Hespes. Die äußerst knappe Abhandlung von Hespes Zeit im Polizei-Bataillon und von dessen Verbrechen ist bedauerlich, aber in diesem Kontext verständlich ' zumal der Verfasser hierzu eine eigenständige Untersuchung angekündigt hat. Etwas mehr Raum hätte Schneider dafür aber schon gehabt, wenn er die bisweilen waltende Detailversessenheit unterdrückt hätte.