Die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes waren lange Zeit weithin unbekannte Killereinheiten. Mit den NS-Verbrechen und dem Mord an den Juden verband man meist die Gaskammern und Krematorien in den Lagern. Daran änderte auch der Umstand wenig, dass die Amerikaner den Einsatzgruppen einen eigenen Nürnberger Nachfolgeprozess widmeten. Erst zehn Jahre später, in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre richtete sich durch den folgenreichen Ulmer Einsatzgruppen-Prozess das Augenmerk der Öffentlichkeit kurze Zeit auf diese Tätergruppe. Weitere Prozesse folgten, doch die Forschung zeigte sich resistent und ließ dieses Thema unbearbeitet liegen. Erst Ende der siebziger Jahre legten Helmut Krausnick und Hans-Heinrich Wilhelm eine Untersuchung hierüber vor.
Polen blieb in all den Prozessen und in den zaghaften Forschungsansätzen allerdings immer ein blinder Fleck. Bis heute dürfte es weithin unbekannt sein, dass Einsatzgruppen bereits im September 1939 aktiv wurden und tausende Menschen in Polen ermordeten, vornehmlich die sogenannte polnische 'Intelligenz', aber auch zahlreiche Juden. Dem wollen die drei Verfasser und Herausgeber mit dem vorliegenden Band Abhilfe schaffen. Erstmals liegt damit eine knappe monographische Untersuchung über die Einsatzgruppen in Polen vor, angefangen von der Aufstellung der Einheiten, über ihre Organisation und ihr Personal bis hin zu den Nachkriegskarrieren der Täter und der justitiellen Ahndung ihrer Taten.
Ergänzt wird diese Darstellung durch einen ähnlich umfangreichen Quellenteil, in dem 128, bislang meist unveröffentlichte Dokumente auszugsweise abgedruckt sind. Neben Dokumenten der Einsatzgruppen selbst sind dies vor allem Vernehmungsprotokolle aus der Nachkriegszeit, Berichte der Wehrmacht sowie Erinnerungen und Aussagen von Opfern und Zeugen. Leider haben die Verfasser es aber versäumt, Darstellung und Dokumententeil durch Querverweise im Text miteinander zu 'verlinken'.
Das schmälert den Wert dieses Bandes jedoch kaum. In ihrer Untersuchung rücken sie die in der früheren Forschung überbetonten Konflikte zwischen Wehrmacht und Einsatzgruppen zurecht. Sie heben die Teilidentität der Ziele hervor und qualifizieren die ' zumal verspätete ' Kritik von Seiten der Wehrmacht zutreffend als eine beschränkte Methodenkritik, häufig allein aus Sorge um die 'Moral der Truppe' geboren. Vor Ort lief die Zusammenarbeit in aller Regel ohnehin reibungslos.
Den Verfassern gelingt es überzeugend, über das gesamte Thema umfassen zu informieren, insbesondere die Passagen über Mentalität und Disposition der Täter sowie die Eskalation der Gewalt überzeugen. Getrübt wird der positive Gesamteindruck allerdings durch nur mühsam lesbare Abschnitte zu den Marschwegen und zum Personal, letzteres ist eine Reihung biographischer Abrisse. Hier hätte man sich andere Darstellungsstrategien gewünscht. Dennoch handelt es sich um ein verdienstvolles Buch, das leider viel zu spät geschrieben wurde.