Der Tod ist ein Meister aus Wien
Leben und Taten des Amon Leopold Göth. Die Geschichte des KZ-Kommandanten aus „Schindlers Liste“

Weltbekannt durch 'Schindlers Liste' und dadurch zu einem Prototypen des sadistischen NS-Täters geworden, ist Amon Leopold Göth nun erstmals Gegenstand einer biographischen Monographie.
Gestützt vor allem auf die Unterlagen des Prozesses gegen Göth in Polen und auf Berichte Überlebender des Lagers Płaszów erzählt Sachslehner das Leben des Mannes, der als Kommandant Płaszóws und Konterpart Oskar Schindlers traurige Berühmtheit erlangte. Göth, 1908 in Wien geboren, wuchs in behüteten Verhältnissen auf. Nach frühem Abbruch der Schule trat er in die elterliche Firma ein und schloss sich bereits mit 17 Jahren faschistischen und NS-Organisationen an. Nach seiner Flucht aus Österreich im Sommer 1933 begann bald schon Göths Aufstieg im Partei- und SS-Apparat. Viel erfährt der Leser allerdings nicht über Göths Leben vor Płaszów. Geradezu atemlos hechelt der Autor durch Kindheit und Jugend und ist nach wenigen Seiten in seiner Darstellung bereits im Jahre 1938 angelangt, wenig später schon bei Göths Zeit in Płaszów. Göths Leben davor bleibt merkwürdig konturlos.
Sachslehner breitet vor dem Leser viel Material über Göths mörderisches Wirken aus, belässt es aber oft dabei. So mangelt es dem Buch an Struktur und Analyse. Eine Exzesstat Göths folgt der anderen und es drängt sich der Eindruck auf, der Verfasser hat sich von den Gräueln und den Quellen dazu selbst überwältigen lassen. Ein trefflich misslungener Versuch, eine ' womöglich ironische ' Distanz zu Göth zu schaffen, ist die penetrante Verwendung von dessen Spitznamen 'Mony', den er bereits als Kind erhalten hatte. Dieser wird im ersten Kapitel, das entsprechend 'Kosename Mony' heißt, eingeführt und verfolgt den Leser von da an auf Schritt und Tritt.
Eine sachliche Analyse ' so schwer sie auch fallen mag ' findet in einer Aneinanderreihung von Göths exzessiven Gewalttaten keinen Raum mehr. Das betrifft nicht nur Göths sadistisches Treiben, sondern auch das zweite Charakteristikum seiner Herrschaft als Kommandant: die Korruption und seinen orgiastischen Lebensstil. Sachslehner versäumt es, das korrupte System Göths in das insgesamt von Korruption und Glücksrittertum geprägte Milieu der Besatzer im Generalgouvernement einzubetten.
Die Schwächen des Buches liegen auch in einem zum Teil nachlässigen Umgang mit den Quellen. Göths Vorgänger in Płaszów verfasste nach dem Krieg einen Bericht über seine Zeit in Polen, den Sachslehner immer wieder unkritisch heranzieht. Zwar markiert er seine Bedenken, indem er diesen nur in Anführungszeichen als 'Tatsachenbericht' benennen mag. Das aber hält ihn nicht davon ab, sich bei der Darstellung etlicher Begebenheiten ausschließlich auf Müllers Bericht zu stützen. Wann genau der Bericht überhaupt verfasst wurde, erfährt der Leser nicht. Man kann nur mutmaßen, dass Müller ihn nach Göths Tod in österreichischer Haft geschrieben und als eine Art Entlastungsschrift verstanden wissen wollte. Auch im Hinblick auf manches Opferzeugnis lässt Sachslehner jede quellenkritische Herangehensweise leider fahren.
Sachslehner bietet zwar eine gut lesbare, aber doch mit vielen Mängeln behaftete Biographie Göths. Wer dem Täter Göth und seinem System auf die Spur kommen möchte, ist daher nach wie vor in erster Linie auf den Bericht Mietek Pempers und die Schindler-Biographie von David Crowe angewiesen.