Das Studium der Texte philosophischer Klassiker ist ein Unternehmen, das nur beginnt, wer ein Bedürfnis danach empfindet, seine Grenzen aufgezeigt zu bekommen und keinen Hang zu Extremsportarten hat. Denn ungewohnte Sprache, Sperrigkeit des Gedankens oder auch nur der oft nicht leicht zu verstehende Entstehungs- und Wirkungskontext einer Theorie machen die Sache zu einem auch nach Jahren der Beschäftigung immer noch mühsamen Geschäft.
Für die, die diese Mühe auf sich zu nehmen nicht scheuen, haben Ansgar Beckermann und Dominik Perler einen Sammelband herausgegeben, der philosophische Klassiker nicht auszugsweise selbst zu Wort kommen läßt, sondern sie als unsere Zeitgenossen zu verstehen versucht.
Um es vorweg zu sagen: der Band muß als äußerst gelungen bezeichnet werden. Er zeigt nachdrücklich, daß die Beschäftigung mit Philosophie, insbesondere mit der Geschichte der Philosophie, keineswegs überflüssig oder gar bloße Folklore ist. In 37 Beiträgen, die sich u. a. mit Platon und Aristoteles, Duns Scotus, Leibniz, Wittgenstein und Gadamer beschäftigen, führen Gegenwartsphilosophen vor, wie es geht und was man ' eine gern an die Zunft gestellte Frage ' 'heute noch' von der Auseinandersetzung mit historisch vergangenen Positionen 'haben kann'.
Der Band verdeutlicht praktisch, was Beckermann und Perler in der Einleitung programmatisch formulieren ' daß Philosophie nämlich ihrem Wesen nach keinen linearen Fortschritt produziert: 'Philosophische Probleme lassen sich nicht endgültig lösen.' (13) Was es (frei nach Kant) bedeutet, nicht Philosophie, sondern das Philosophieren zu lehren, das in der Kunst des richtigen Fragens einerseits, des Formulierens immer besserer Antworten andererseits besteht, soll vorliegender Band also dokumentieren; und er tut dies auch deshalb, weil die einzelnen Beiträge frei von herausgeberischen Vereinheitlichungsbestrebungen sind. Was zählt, ist die sich methodisch wie sachlich geltend machende philosophische Position des Autors, der den jeweiligen Klassiker vorstellt. Dadurch ergibt sich ein Bild, das Ausdruck der Vielfalt möglichen philosophischen Umgangs mit Philosophie ist ' was gerade einschließt, daß nicht jeder Zugang einsichtig, nicht jede Schwerpunktsetzung einzelner Artikel überzeugend erscheint.
Insgesamt ist 'Klassiker der Philosophie heute' ein Band, der Fachleute und andere Interessierte gleichermaßen ansprechen kann, gerade weil er die Großen der Philosophie nach Maßgabe unserer Zeit vorstellt und damit nachweist, daß und wie die referierten Theorien für heutige Diskussionen nutzbar gemacht werden können. Es eignet sich so vorzüglich als ein Lesebuch, das man nicht unbedingt 'in einem Zug' beendet, in dem man aber immer wieder einzelne Beiträge mit Gewinn lesen kann.