Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland in 12 Bänden

Verdichtetes Wissen über Deutschland

Politische Räume – zumal nationale bzw. gesamtstaatliche – sind klassische Objekte geographischer Darstellung. Die Form der „Landeskunde in Kartenform“ wurde erstmals konsequent 1899 mit dem Atlas von Finnland praktiziert. Seither hat dieser Atlas fünf Folgeauflagen mit immer wieder neuen thematischen Akzenten erfahren. In der Folge wurde er zum Prototyp für Nationalatlanten in bis heute über 120 Staaten der Erde.
Deutschland nahm in dieser Galerie der Nationalatlanten allerdings lange eine Sonderstellung ein. Zwar begann Norbert Krebs 1937 einen Atlas des deutschen Lebensraumes in Mitteleuropa, der jedoch weit über das damalige Deutsche Reich hinausgriff und zudem kriegsbedingt unvollendet blieb. Ebenfalls nicht als Nationalatlanten sind Die Bundesrepublik in Karten (1965) und – durch das Fortbestehen der nationalen Konstellation Deutschlands – der Atlas zur Raumentwicklung (1976-87) auf „westdeutscher“ sowie dem Atlas Deutsche Demokratische Republik (gleichfalls 1976-87) auf „ostdeutscher“ Seite.
Die „Wende“ war dann im Sinne des Wortes auch eine für ein Projekt „Nationalatlas“. Von den erste Gedanken dazu, die eine „Ad-hoc-Arbeitsgruppe“ unter Leitung von Gerold Richter (Trier) bereits 1991 vorlegte, bis zur Schaffung der notwendigen organisatorischen Grundlage vergingen freilich vier Jahre. Dann nahm das „Institut für Länderkunde“ in Leipzig die Atlas-Arbeit auf. Bereits im Jahr 1997 konnte dessen Leiter – Alois Mayr – anläßlich des 51. Deutschen Geographentages in Bonn einen „Pilotband“ vorlegen.
Konzeptionell war das Projekt inzwischen erheblich weiterentwickelt, denn es hatte sich schnell erwiesen, daß das Ganze in einem einzigen Band nicht zu realisieren war. Schließlich wuchs das Konzept auf zwölf Bände an: Gesellschaft und Staat [1] – Relief, Boden und Wasser (Natur und Umwelt 1) [2] – Klima, Pflanzen- und Tierwelt (Natur und Umwelt 2) [3] – Bevölkerung [4] – Dörfer und Städte [5] – Bildung und Kultur [6] – Arbeit und Lebensstandard [7] – Unternehmen und Märkte [8] – Verkehr und Kommunikation [9] – Freizeit und Tourismus [10] – Deutschland in der Welt [11] – Deutschland im Überblick [12].
Inzwischen sind sieben Bände erschienen [1, 2, 4, 5, 6, 9 und 10]; die übrigen befinden sich in Arbeit [davon auf dem Weg zum Druck: 3 und 8]. Koordiniert werden die einzelnen, im Durchschnitt jeweils etwa 160 Seiten umfassenden Bände von namhaften Geographen, die an deutschen Universitäten tätig sind; die etwa 600 Bearbeiter der einzelnen Themen rekrutieren sich ebenfalls aus den Hochschulen, aber auch aus der ganzen Bandbreite von Institutionen, die fachlich mit den jeweiligen Themen befaßt sind.
Dies zeigt bereits ein erster Blick in den jüngsten Band „Relief, Boden und Wasser“, in dem das Bandthema in 56 Einzelthemen entfaltet wird. Jedes Einzelthema wird auf i. d. R. einer Doppelseite abgehandelt, wobei die großmaßstäbliche thematische Deutschland-Karten (Maßstäbe 1:3.750.000 oder 1:2.750.000, um ein bücherschrankfreundliches Atlasformat von 36 x 30 cm zu erreichen) im Mittelpunkt stehen. Das ermöglicht zugleich, daß – v. a. in den Bänden mit anthroporäumlichen Gegenständen – jeweils auf der Ebene der Landkreise und Kreisfreien Städte georäumliche Strukturen und Prozesse abgebildet werden können. Ergänzt werden die Übersichtskarten durch Detailkarten, Überblickstexte, Informationskästen, Tabellen und/oder Diagramme zum jeweiligen Thema. Auf diese Weise ist eine differenzierte Form großer Informationsbreite und -dichte erreicht. Das gilt für die Printform der Atlasbände wie die CD-ROM-Form, wobei in der elektronischen Form oft noch ergänzende Darstellungen angefügt sind, die auf den Atlasdoppelseiten nicht unterzubringen waren.
Damit geht das Institut für Länderkunde zugleich einen doppelten Weg: Es bietet den Atlas nicht nur als traditionellen Print-Atlas an, sondern zeitnah auch als elektronisches Medium, ohne allerdings, wie der neue Atlas der Schweiz allein auf eine PC-Fassung zu setzen oder wie die beiden jüngsten Nationalatlanten Kanadas und der USA den Weg über das Internet zu gehen.