Cornelius Hartz nimmt seine Leser mit auf eine Reise durch die „schaurigsten Geschichten“ der Antike. In 20 Ausschnitten aus ausgewählten Werken zeigt er auf, dass Werwölfe, Vampire, Hexen und Gespenster keine Erfindungen der Neuzeit sind, sondern schon den Menschen des Altertums einen bisweilen wohligen Schauer über den Rücken laufen ließen.
Harz leitet jeden seiner gewählten Ausschnitte mit einem kurzen Text ein. Hierbei gibt er einen Überblick über die Entstehung, das Gesamtwerk, den Autor und die Übersetzung, die für vorliegenden Band herangezogen wurde. Hartz hat oftmals auf Übersetzungen des 18. und 19. Jahrhunderts zurückgegriffen, weshalb der Sprachduktus nicht unseren Lesegewohnheiten entspricht und sperrig wirkt.
Hartz beweist mit seiner Auswahl ein gutes Gespür für den Schauer, obgleich er die grausamsten Geschichten zwar erwähnt, dann aber doch außen vor gelassen hat: So erwähnt er mehrmals die Tragödie um Medea, die aus Eifersucht ihre eigenen Kinder tötet, sie zerstückelt und kocht, um sie dann ihrem untreuen Gatten als Abendessen zu servieren. Gleichsam fehlt die Erzählung über Kronos, der seine eigenen Kinder verspeist, um keine Konkurrenten um seinen Thron zu haben, oder die Episoden aus dem Gilgamesch, wo Geister, Dämonen und andere Schauergestalten auftauchen.
Dass das Werk sich nicht an den Fachwissenschaftler, sondern an einen weiten Leserkreis richtet, wird durch das Cover wie auch in den einleitenden Texten immer wieder deutlich. Die Auswahl der Geschichten spannt einen großen Bogen durch die griechische und römische Literaturgeschichte. Die Geschichten sind spannend zu lesen, und es ist interessant, mit welchen vergleichbaren Themen zu heute die Menschen des Altertums zu gruseln waren, welche Abneigungen zu hegten und welche Vorlieben für gespenstige Wesen existierten. So begegnet z.B. gleich im ersten Abschnitt der blutdürstige Vampir. Wer dachte, diese Untoten, die sich nur vom Blut der Lebenden ernähren, eine Kompilation von Bram Stoker oder anderen modernen Autoren seien, wird hier zu antiken Wurzeln geführt. Auch Werwölfe gab es bereits vor Christi Geburt.
Darüber fehlt es nicht an Komik: Der Abschnitt über Geister und Gespenster, der auch die Besessenheit durch Dämonen mit einschließt, enthält auch einen Auszug aus der Mostellaria, der Gespensterkomödie des Plautus. Darin versucht der Haussklave seinen Herrn, der von einer längeren Reise zurückkehrt, davon zu überzeugen, dass es in seinem Haus spukt. In Wahrheit soll der Herr nur nicht mitbekommen, dass man drinnen gefeiert und anderes angestellt hat, was gegen Sitte und Anstand verstieß.
So hat dieses Werk auch einen ironischen Touch, während einem an anderen Stellen beim Lesen fast das Blut in den Adern gefriert. Es ist absolut lesenswert und es gelingt Cornelius Hartz gekonnt, dass der Leser ältester Gruselgeschichten noch heute erschauern muss.