Die jüdische Presse
Forschungsmethoden – Erfahrungen – Ergebnisse

In den Jahren 2003 und 2005 fanden das Erste und Zweite Belfaster Symposium zur jüdischen Presse statt. Der vorliegende Band 'Die jüdische Presse. Forschungsmethoden ' Erfahrungen ' Ergebnisse', hg. von Susanne Marten-Finnis und Markus Bauer, sammelt Beiträge des Zweiten Symposiums und folgt in seinem Aufbau den drei Sektionen, in welchen folgende Aspekte diskutiert wurden: Jüdische Presse und Geschichtsforschung, Jüdische Presse und Diaspora sowie Jüdische Presse und Öffentlichkeit. In jeweils drei Aufsätzen von unterschiedlicher Länge wird ausführlich über die genannten Themengebiete diskutiert.
Einen Einblick in die einzelnen Texte mag die folgende Zusammenfassung verschaffen: Im ersten Beitrag, der sich hervorragend zur Einführung in die Diskussion eignet, wird auf die Möglichkeiten und Probleme der Presseforschung im allgemeinen und ihre Glaubwürdigkeit für die Geschichtswissenschaft eingegangen, wonach sich der Autor, leider nur kurz, auf den Mehrwert der jüdischen Presse für die neueste Geschichtsforschung konzentriert. Sogar noch besser schneidet der folgende Beitrag ' konzeptionelle Überlegungen zu der Gesamtgeschichte der jüdischen Presse in Deutschland seit der Aufklärung ' ab, in dem nicht nur auf den heutigen Forschungsstand mit seinen Lücken hingewiesen, sondern auch ein detaillierter Forschungsrahmen für künftige Untersuchungen des Mediums 'jüdische Presse' dargeboten wird. Eine genaue Charakteristik der Aufgaben einer jüdischen Presse, zu denen u.a. die Konstituierung einer neuen Wirklichkeit gehört, aber auch eine Abgrenzung der in der osteuropäischen Diaspora produzierten Zeitungen und Zeitschriften von ihren westeuropäischen Äquivalenten, werden von der Herausgeberin in einem der nächsten Beiträge geliefert. Dieser Aufsatz erscheint umso wichtiger, da er einen neuen Ansatz für die künftigen Untersuchungen schafft: Anstatt sich auf die geschichtswissenschaftliche Archäologie zu konzentrieren, solle man mehr der Analyse von Wechselwirkungen zwischen den Presseerzeugnissen und ihren Rahmenbedingungen Beachtung schenken. Auch der vorletzte Aufsatz soll erwähnt werden, da er das zu tun wagt, wovor sich heute noch immer manche Forscher zur deutsch-jüdischen Kultur fürchten: Er beschäftigt sich mit der Populärliteratur. Anhand von drei Fortsetzungsromanen bzw. Erzählungen werden nicht nur diese Prosatexte selbst analysiert, es wird zudem auf deren Affinitäten zur Politik der jeweiligen Zeitschrift, in der sie erschienen, hingewiesen. Auch wird einem nach der Lektüre dieses Beitrags klar, dass diese scheinbar nur für die Unterhaltung der jüdischen Massen produzierte Literatur ein zweites Ziel verfolgte, das sie mit der jeweiligen Presse teilte: eine neue Wirklichkeit bilden und nicht nur Ablenkung bzw. Trost in der schwierigen Zeit des aufkommenden Nationalsozialismus schaffen, sondern vielmehr den Lesern ihre jüdische Identität versichern.
Der innere Aufbau des Bandes ist, wie schon erwähnt, klar strukturiert und übersichtlich aufgemacht. Allerdings ist die Gestaltung der Aufsätze selbst nicht einheitlich: Während manche Autoren mit einer Einleitung anfangen, geht es bei den anderen sofort mit der Diskussion los; während die einen den einzelnen Teilen ihrer Beiträge nummerierte Überschriften geben, verzichten die anderen ganz auf die Unterteilung der Texte. Eine nicht durchgehend konsequente Verwendung der polnischen Zeichen fällt auf. Einer der Aufsätze ist in englischer Sprache verfasst: Hier vermisst man eine kurze Zusammenfassung auf Deutsch.
Alles in allem ist 'Die jüdische Presse' eine lohnende Lektüre, denn der Band kommentiert die gegenwärtigen Forschungsmethoden und schlägt neue Ansätze vor. Er berichtet über die Erfahrungen mit dem Medium und präsentiert die Ergebnisse der neuesten Presseforschung, welche u.a. mit den Digitalisierungsprojekten schon die ersten entscheidenden Schritte in die Zukunft gemacht hat.