Die Geschichte modernen geographischen Denkens beginnt im 18. Jahrhundert. Am Anfang stehen Namen wie Immanuel Kant, Johann Christoph Gatterer, Anton Friedrich Büsching oder Johann Gottfried Herder. Sie haben zusammen mit anderen aus dem Geist der Aufklärung dem geographischen Denken eine Grundlage und Richtung gegeben. Dies gehört zum geographiegeschichtlichen Grundwissen. Wer darüber hinaus in die Lektüre der diesbezüglichen Texte einsteigen wollte, der war lange auf die Originalpublikationen angewiesen. 2003/04 hat das Geographische Institut der Humboldt-Universität Berlin in der Reihe seiner 'Arbeitsberichte' deshalb einen dreibändigen Reader herausgegeben. Dessen großer Erfolg veranlaßte nun 2007 eine erweiterte fünfbändige Fassung unter dem Titel 'Das war / ist geographisches Denken...'. Die einzelnen Bände erfassen die Zeitabschnitte 1728 bis 1859 (Heft 127), 1860 bis 1907 (Heft 128), 1908 bis 1927 (Heft 129), 1928 bis 1945 (Heft 130) und 1946 bis heute (Heft 131). Herausgeber der in der Summe über 1.300-seitigen Anthologie ist Hans-Dietrich Schultz. Er hat in akribischer Kleinarbeit Textauszüge von fast 800 Geographen zugänglich gemacht und damit zugleich eine geographiegeschichtliche Quellensammlung von allerhöchstem Wert geschaffen. Es ist deshalb eine Freude, sich immer wieder neu in die Texte zu vertiefen. Sie repräsentieren alle wesentlichen geographischen Denkrichtungen - auch die rassistischen des späten 19. Jahrhunderts und des 'Dritten Reiches'. Besonders wertvoll wird die Textsammlung dadurch, daß sie auch die Entwicklung der Schulgeographie berücksichtigt. Denn nicht zuletzt in der Schulgeographie werden die Veränderungen geographischen Selbstverständnisses besonders deutlich. So sind die Grundtexte geographischen Denkens nicht nur ein Spiegelbild einer Hochschuldisziplin und eines Unterrichtsfaches, sonders zugleich Lesefrüchte des Denkens von der Mitte des 18. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts schlechthin.