Der 1905 geborene polnisch-jüdische Historiker Isaiah Trunk forschte bereits vor dem Zweiten Weltkrieg in Warschau über jüdische Geschichte in Polen. Bei Kriegsbeginn floh er auf sowjetisches Gebiet, kehrte nach dem Krieg nach Polen zurück und schloss sich in Łódź der Zentralen Jüdischen Komission an. 1951 emigrierte er zunächst nach Israel und ging 1954 nach New York, wo er am YIVO tätig war. Isaiah Trunk starb im März 1982. Bekannt wurde er vor allem durch sein Standardwerk 'Judenrat. The Jewish Councils in Eastern Europe under Nazi Occupation' aus dem Jahre 1972, das 1996 neu aufgelegt wurde. Bereits 1962 erschien aber in New York auf Jiddisch sein 'Lodzher Geto. A Historishe un sotsiologishe Shtudie mit Dokumentn, Tabeles un Mape'. Mehr als vierzig Jahre später liegt diese bedeutende Untersuchung über das Getto Litzmannstadt/Lodz endlich in englischer Übersetzung vor und wird damit einem größeren Leserkreis zugänglich. Mit Robert Moses Shapiro, Professor für Jüdische Studien am Brooklyn College, New York, hat ein Spezialist für die Geschichte der Juden in Lodz und des dort von 1940 bis 1944 bestehenden Gettos die Übersetzung geleistet und das Buch herausgegeben.
Der eigentlichen Studie vorangestellt sind ' neben einer Einführung des Herausgebers über Trunk und die Quellen, die diesem zur Verfügung standen ' ein biographischer Text über Isaiah Trunk aus der Feder von Joseph Kermish (der bereits auf Jiddisch zugänglich war) und eine bereits bekannte Einführung von Israel Gutman über das Getto Litzmannstadt ('The Distinctiveness of the Łódź Ghetto', abgedruckt in Michal Ungers Ausstellungskatalog 'The Last Ghetto. Life in the Lodz Ghetto 1940-1944' aus dem Jahre 1995).
Isaiah Trunk hatte für seine Studie keinen Zugang zu polnischen Archiven, so konnten die umfangreichen Quellenbestände des 'Ältesten der Juden in Litzmannstadt-Getto', die heute im Staatsarchiv in Łódź aufbewahrt werden, nicht eingesehen werden. Trotzdem zeichnet sich Trunks Untersuchung durch einen Reichtum an Quellen aus: Kopien und Abschriften aus seiner Zeit in Polen standen ihm zur Verfügung, ebenso wie Dokumente aus dem Ghetto Fighters´ House in Israel und die Nachman Zonabend Collection im Archiv des YIVO in New York. Auch waren einige Dokumente bereits veröffentlicht, so die ersten beiden Bände der 'Lodzer Gettochronik'. Keine Sprachbarriere schränkte ihn ein, Trunk verstand Jiddisch, Hebräisch, Polnisch, Deutsch und Russisch, so dass er die ihm zur Verfügung stehenden Quellen sämtlich nutzen konnte. Jedem seiner Kapitel ('Establishment of the Ghetto', 'Organization of the Ghetto', 'Provisioning', 'Forced Labor', 'Diseases and Mortality', 'Persecutions, Murder, and Deportations', 'Internal Conditions', 'The Problem of Resistance') ist ein Quellenanhang beigefügt, etwa 140 Dokumente sind hier zu finden. Waren diese in der ursprünglichen Publikation in ihren Originalsprachen Deutsch, Jiddisch und Polnisch abgedruckt, übersetzt Shapiro sie. Er nutzt Trunks eigene handschriftliche Verbesserungen und baut sie in den Text ein, ebenso wie er eigene Verbesserungen oder weiterführende Quellen und Literatur in den Anmerkungen angibt und Photographien ergänzt.
Trunks Studie macht einmal mehr deutlich, wie detailliert das Getto Lodz/Litzmannstadt bereits zu einem frühen Zeitpunkt erforscht war ' neben Trunk sind vor allem die ebenfalls jiddische Untersuchung von Wolf Jasni und die polnischen Arbeiten von Danuta Dąbrowska zu nennen; doch wurden diese Werke aufgrund der Sprachbarrieren lange Zeit nur von einem beschränkten Leserkreis rezipiert. Robert Moses Shapiro hat in den siebziger Jahren selbst bei Isaiah Trunk studiert. Nun hat er dafür Sorge getragen, dass die eindrucksvolle Untersuchung seines Lehrers über das Getto Litzmannstadt/Lodz einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich ist.