Die Historische Landschaftsanalyse als Methode für die Fließgewässerbewertung am Beispiel des Münstertals im Schwarzwald

Bäche und Flüsse in Mitteleuropa sind Archive menschlicher Nutzungen ' der Gegenwart wie Vergangenheit. Ein Beispiel dafür ist das Münstertal im oberen Teil des im Hochschwarzwald am Belchen entspringenden Flusses Neumagen und seiner Zuflüsse. Hier konnten insgesamt 168 wasserbauliche Kulturlandschaftselemente gefunden und historisch-landschaftsanalytisch untersucht werden (Stauwehre, Bewässerungsgräben, Triebwerkskanäle u.a.). Sie stammen v.a. aus zwei Nutzungsperioden: der Zeit zwischen 1700 und 1850 sowie zwischen 1850 und 1950. Dagegen war die Phase zwischen 1950 und 1990 durch vielfältige Verluste von Kulturlandschaftselementen gekennzeichnet, denn wie in vielen anderen Mittelgebirgsregionen gingen durch den wirtschaftlichen Strukturwandel zahlreiche Anlagen der Wasserkraftnutzung ebenso verloren wie der Wiesenwässerung. Im Münstertal liegt diese Verlustrate allerdings vergleichsweise günstig, denn hier ist nur etwa jede zweite aller seit dem 13. Jahrhundert nachweisbaren Anlagen nicht mehr existent.
Das Münstertal ist deshalb ein Kulturraumarchiv hoher Relevanz. Dieses Archiv wird in der vorliegenden (im Rahmen des von der DFG geförderten Graduiertenkollegs 'Gegenwartsbezogene Landschaftsgenese' entstandenen) geographisch-landespflegerischen Dissertation vorzüglich 'durchforstet' und entfaltet. Das Interesse gilt dabei insbesondere der Wasserkraftnutzung und den Wassertriebwerken, der Wiesenwässerung sowie der Brennholzdrift und Flößerei. Dokumentiert werden die diesbezüglichen Kulturlandschaftselemente in einem ausführlichen Kulturlandschaftskataster. Das Ziel der Arbeit ist nicht allein das einer kulturtopographischen Aufnahme, sondern auch einer ergänzenden ökomorphologischen Gewässeraufnahme. Dazu wird eine Korngrößenanalyse des Sohlsubstrats und eine Bewertung der Gewässerstruktur an Querbauwerken vorgenommen.
So entfaltet die vorliegende Arbeit in vorbildlicher Weise die alträumliche Struktur des Münstertals, so daß sich zwangsläufig die großräumige Denkmalschutz-Frage stellt. Im Blick darauf plädiert die Autorin für eine behutsame Objektauswahl. Denn: 'Im Sinne der Landschaftsplanung ist es nicht zielführend, das gesamte Münstertal als Sachgesamtheit unter Schutz zu stellen und letztlich zu konservieren.' (S. 152)