Geschichtliche Zäsuren, die von den Zeitgenossen auch also solche empfunden werden, sind eher rar. 1989/90 war das der Fall und keineswegs nur in bezug auf Deutschland, sondern in ganz Osteuropa, bot sich damit doch die Möglichkeit der 'Rückkehr nach Europa'. Konkret war damit zweierlei verbunden: eine politische, gesellschaftliche und politische Transformation beträchtlichen Ausmaßes sowie als Ausdruck dafür der staatsräumliche Anschluß an die EU. Seither findet dieser Prozeß eine eingehende Analyse in zahlreichen Wissenschaftsdisziplinen, darunter die Volkswirtschaftslehre. Eine Zwischenbilanz hat deshalb im Sommersemester 2000 der Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre IV an der Univ. Bayreuth an den Beispielen Rußland und Estland versucht. Das Ergebnis liegt in einem Sammelband der 'Schriften zur Nationalökonomie' vor. In 13 Beiträgen werden zahlreiche Facetten der Transformation und der Osterweiterung behandelt, so z. B. die Rolle der formalen und informellen Institutionen im Transformationsprozeß, die EU zwischen Vertiefung und Erweiterung oder die Problematik der Aufnahme von Transformationsländern in die EU. Dazu kommen Einzelaspekte wie die Auswirkungen der EU-Osterweiterung auf den Arbeitsmarkt, die EU-Währungsunion oder die Agrarmarktordnung der EU. Dabei bleibt zwar zu bedenken, daß sowohl das dem Band zu Grunde liegende Seminar wie die dessen Publikation vor dem 1. Mai 2004 lag. Aber auch nach dem Vollzug der ersten Phase der EU-Osterweiterung bleibt der Band aktuell. Das Ergebnis, das sich daraus ergibt, mag deshalb auch nicht überraschen: Wenn die Osterweiterung langfristig erfolgreich sein soll, müssen auf beiden Seiten noch enorme Reformanstrengungen unternommen werden. Ähnlich verhält es sich mit der Transformation. Auch dieser Prozeß ist zweiseitig. Er bleibt ein Thema!