Europa im Ost-West-Konflikt 1945-1990

Nach der Selbstzerstörung Europas in den beiden Weltkriegen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und der damit verbundenen Desintegration stellte sich nach 1945 notwendigerweise die Frage der Rekonstruktion. Im Blick auf Europa als Ganzem waren aber erst ab 1990/91 wieder schlüssige Antworten möglich. Dazwischen lag mit dem Ost-West-Konflikt eine Phase manifester wie latenter Spannungen mit wechselnden Phasen der Konfrontation, Koexistenz aber auch Kooperation beider Blöcke. Weite Bereiche Europas umfassende Integrationsschritte ermöglichte dann erst die Auflösung des Ostblocks. Es war also eine vielschichtige Zeit, der sich der in Köln lehrende Historiker für neuere Geschichte widmet. Entsprechend dem Konzept der inzwischen auf über 30 Bände angewachsenen Reihe 'Oldenbourg Grundriss der Geschichte' gliedert der Autor seinen Band in drei Kapitel: Darstellung ' Grundprobleme und Tendenzen der Forschung ' Quellen und Literatur. In der Darstellung beschränkt er sich nicht allein auf Schlüsselereignisse wie die Berlin-Krisen, sondern entfaltet insbesondere die epochalen Problemfelder: das Zusammenwachsen Westeuropas 1945'90, die Bildung und Ausgestaltung des Ostblocks 1945'68, die Möglichkeiten und Grenzen neuer Sicherheitsstrukturen in Europa 1962'79 sowie den als Auseinandersetzung zwischen der Sowjetunion und den USA um die Raketenstationierung verstandenen 'letzten Kalten Krieg' bis zur Auflösung des Ostblocks, dessen Auftakt die Kuba-Krise 1962 war. Doch hieße es die Zeit des Ost-West-Konflikts allzu sehr auf das 'Experiment der europäischen Teilung' einerseits wie der 'Europäisierung Europas' (bis 1990 im Blick v.a. auf die westeuropäischen Integrationsschritte) andererseits zu verkürzen ohne einen Blick auf 'Europa und die außereuropäische Welt' mit der Dekolonisation und der nach Europa gerichteten Migration. Die auf dieser Grundlage entfalteten Forschungsprobleme führen allgemein in die Ost-West-Konflikt-Forschung ein, die Integrationsforschung im Blick auf die beiden Blöcke sowie die Entspannungs- und Nachrüstungsdiskussion(en). Dies alles erfolgt auf einer Literaturgrundlage, die 1053 Titel umfaßt. Jost Dülffers 'Europa im Ost-West-Konflikt' bietet damit einen 'Grundriß' im besten Sinne des Wortes und ist für das Verständnis der europäischen Geschichte der zweiten Hälfte des 'kurzen 20. Jahrhunderts' ein Schlüssel-Lehrbuch.