Die Macht der Karten
Eine Geschichte der Kartographie vom Mittelalter bis heute

Karten sind Wissensspeicher und Orientierungshilfe. Sie bestimmen dadurch zugleich unsere Weltsicht. So vermittelt z.B. eine europazentrierte Weltkarte eine andere Weltsicht wie eine japanzentrierte Weltdarstellung. Die Macht der Karten ist evident.
Dabei spielt nicht nur der raum-zeitliche Informationsgehalt eine Rolle; als kaum weniger relevant erweist sich die kartographische Ästhetik. Die 'Kartenkunst' des 16. bis 18. Jahrhunderts belegt dies überaus eindrucksvoll. Karten sind deshalb auch begehrte Sammelobjekte.
Eine Darstellung der Kartographie vom Mittelalter bis heute muß deshalb gleich mehrere Fäden miteinander verknüpfen: v.a. die Kartenfunktion (Wissensspeicher und Orientierungshilfe), die Kartensprache (Übersetzung von Raum und Zeit in ein Weltbild) sowie die Kartenproduktion (kartographische Technik, Projektionen und Standardisierungen). Geschichtsschreibung ' die der Kartographie zumal ' bliebe jedoch allein im Bereich des Faktischen, würde sie nur versuchen, das zu verbalisieren, was die Quellen offenlegen, sondern gerade auch das, was sie verschweigen oder verhüllen und manchmal sogar verfälschen. Die Macht der Karten kann dadurch leicht zur Übermacht werden und ideologischen Zielen Vorschub leisten. Man denke beispielsweise an die Art der Welt-Darstellung in der Zeit des Imperialismus. Aber auch die Jahrhunderte davor und das Jahrhundert danach liefern dafür Belege zuhauf. Motive dafür finden sich häufig nicht nur in einer äußeren Zensur, sondern auch in einer inneren. Mittel dafür liefern u.a. Maßstabsverzerrungen.
Karten liefern damit nicht nur Einblicke in den jeweiligen Stand des Weltwissens, sondern kaum minder in die politische Konstruktion von Weltbildern. Die an der TU Darmstadt tätige Historikerin Ute Schneider hat deshalb eine wichtige Lücke geschlossen, indem sie die Macht der Karten offenlegte. Die reichhaltige Bebilderung ihres Bandes mit vorzüglichen und eindrucksvollen Kartenreproduktionen garantiert zudem über den Informationsgehalt hinaus einen reichen ästhetischen Genuß.