Die Grundsatzfrage, die die Geographie seit ihrer Herausbildung als Fachwissenschaft im Anschluß an Alexander von Humboldt und Carl Ritter im 19. Jahrhundert begleitet, betrifft das Verhältnis von Natur und Kultur (Mensch), konkret also die Frage: Inwieweit bestimmt die Natur des Erdraumes die Handlungsdispositionen des Menschen?
Die Antworten, die hierauf im Verlauf von zwei Jahrhunderten gegeben wurden, reichen vom 'geographischen Determinismus' bzw. 'Umweltdeterminisimus' und damit einer Überbewertung des Faktors Natur bis zu einer Überschätzung des Faktors Mensch. Es ist deshalb an der Zeit, die damit fundierte Natur-Kultur-Dichotomie grundsätzlich zu überdenken. Der von den beiden Heidelberger Geographen Peter Meusburger und Thomas Schwan herausgegebene Band zielt daher auf Ansätze zur Überwindung dieser Dichotomie.
Dazu versammelt der vorliegende Band insgesamt 14 Beiträge von Autoren aus dem gesamten deutschsprachigen Raum im Blick auf zukunftsorientierte Umrisse einer Humanökologie. Peter Weichhart, neben Dieter Steiner einer der Pioniere der deutschsprachigen Forschung zur Humanökologie, definierte diesen Denkansatz 1993 als 'Anspruch, auf wissenschaftliche Weise einen Erkenntnisfortschritt bei der Bearbeitung der Frage leisten zu können, wie denn die Existenz des Menschen in der Welt zu begreifen und zu erklären ist.' Zu ergänzen wäre, daß es dabei nicht um die allgemein-philosophische Seite des Themas geht, sondern um dessen gleichsam geo-philosophisches Segment. Schon 1986 hat der in Wien lehrende Geograph Peter Weichhart deshalb die Geoökologie nicht als 'wissenschaftliche Disziplin im eigentlichen Sinn des Wortes, sondern am ehesten als Betrachtungsperspektive oder transdisziplinäres Forschungsfeld' charakterisiert. Entsprechend vielschichtig sind die Zugänge der einzelnen Autoren. Sie argumentieren nicht nur aus der Sicht der Geographie, sondern auch von der Umweltpsychologie, Ethnologie, Anthropologie oder Sozialen Ökologie her.
Die Vielschichtigkeit des Themas hätte also wohl kaum trefflicher zum Ausdruck gebracht werden können. Die im Buchtitel angestrebte Überwindung der Natur-Mensch-Dichotomie ist deshalb jedoch kaum weniger schwierig als ganz allgemein die Verknüpfung der 'zwei Kulturen', von denen Charles Percy Snow 1959 gesprochen hat.