Die Grammatik von E. Graefe ist für den akademischen Anfängerunterricht an Universitäten konzipiert und setzt einen Lehrer voraus, der die absichtlich knapp gehaltenen Kapitel erläutert, besonders, da die Auflösungen der Übungsstücke nicht enthalten sind. Dies, aber vor allem die darin verwendete neue Umschrift der Hieroglyphen, erschwert die Benutzung der Grammatik für den Anfänger ganz erheblich. Anders die Intention der englischen Grammatik von James P. Allen. Sie wendet sich an Studierende und die interessierte Öffentlichkeit, die Schrift und Sprache des Alten Ägypten im Selbststudium erlernen möchten. Entsprechend ausführlicher sind die Kapitel gestaltet, und am Ende des Buches sind die Auflösungen zu den Übungsstücken enthalten. Um ein besseres Textverständnis zu erreichen, wird in kleinen Abhandlungen sein jeweiliger kultureller Hintergrund erläutert. Großen Raum nimmt die Erklärung grammatischer Phänomene des Ägyptischen ein, die zunächst anhand englischer Beispiele in didaktisch hervorragender und einfacher Formulierung für jedermann begreiflich gemacht werden, ohne daß Vorkenntnisse notwendig sind.
Beide Grammatiken führen den Lernenden nach einer Einführung in die Schrift- und Lautlehre an einfache Wortarten (Substantiv, Adjektiv, Pronomen, Präpositionen) heran. Darauf folgen die ersten ägyptischen Sätze ohne Verb (Nominalsätze). Während die englische Grammatik ein eigenes Kapitel zu den verschiedenen Nebensätzen anschließt und dem Anfänger gleich zu Beginn ermöglicht, komplexere Satzgefüge zu verstehen, rückt Graefe dieses Kapitel, der deutschen Tradition folgend, ganz an das Ende des Buches. Den größten Teil beider Grammatiken nimmt das komplexe ägyptische Verbalsystem mit seinen verschiedenen Reliktformen ein. Beginnend mit dem 'einfacheren' Formenspektrum von Infinitiv, Imperativ und Stativ schließen beide Grammatiken die suffigierten Formen des Verbs an. Hier werden zuerst die affirmativen und negierten Formen des Aktivs behandelt, bevor in einem zusammenfassenden Kapitel die passiven Verbformen dargestellt werden. Zum Ende hin werden Partizipien und Relativformen sowie bei Graefe Hilfsverben in eigenen Paragraphen behandelt. Den Schluß des Buches bilden jeweils die Zeichentabellen und Verzeichnisse der in den Beispielen verwendeten Wörter sowie ein sachlicher Index grammatischer Termini.
Insgesamt traut die englische Tradition bereits einem Anfänger wesentlich mehr Interesse und Einsatz zu als die deutsche. Dies beginnt bei den Beispielsätzen in den einzelnen Lektionen und zeigt sich besonders bei den recht komplizierten Übungssätzen, mit denen der Anfänger konfrontiert wird. Ebenfalls werden häufig Phänomene behandelt, die im Werk von Graefe aufgrund ihrer relativen Seltenheit im Auftreten ausgeklammert sind. Sehr schade ist bei Allens Werk im Gegensatz zu Graefe, daß die Herkunft der immer aus Originaltexten entnommenen Beispiele nirgends vermerkt ist. Besonders lobenswert ist ein abschließendes Kapitel in Allens Grammatik, in dem er die verschiedenen Theorien des ägyptischen Verbalsystems in den unterschiedlichen Grammatiktraditonen der englisch- und deutschsprachigen Ägyptologie seinem hier vorgelegten System kommentierend gegenüberstellt. Letztlich ist die englische Grammatik nicht nur für den Anfänger interessant, sondern auch für den Fortgeschrittenen, sei er Ägyptologe oder interessierter Laie, und der deutschen Grammatik vorzuziehen.