Bei der Überlegung, woher wir unsere Informationen über die alten Hochkulturen beziehen, ist festzustellen, dass es meist die Gräber sind, die uns Einblicke in vergangene Zeiten ermöglichen. Im Gegensatz zu unserer Zeit sahen die Ägypter, Griechen, Etrusker und Römer den Tod nicht allein als Endpunkt des Lebens an, sondern als jenen Punkt, an dem sich das diesseitige Leben in ein anderes, jenseitiges Leben wandelt. Nicht erst das Christentum teilte das Leben nach dem Tod in einen Bereich der 'Guten' und einen der 'Bösen'. Auch bei den alten Kulturen gab es diese Zuordnung, z.B. wurde die griechische Unterwelt des Hades in die Elysischen Gefilde, die Insel der Glückseligen, und in den Tartaros gegliedert.
Die Untersuchung von Jenseitsvorstellungen, Begräbnisformen sowie damit zusammenhängenden Riten etc. ist für eine einzige der genannten Kulturen schon sehr umfangreich und teilweise schwer zu rekonstruieren. Der Klappentext von 'Tod und Sterben in der Antike' verspricht nun auf 272 Seiten eine 'umfassende' Betrachtung der Sepulkralkultur von nicht weniger als vier Kulturen. Was sich zuerst wie ein Parforceritt durch vier Kulturen über die Jahrtausende anhört, von der Bronzezeit bis in die Spätantike, zeigt sich bei der intensiveren Beschäftigung mit dem Inhalt als eine komprimierte und fundierte Studie der Auseinandersetzung mit dem Tod in jenen Kulturen. Bereits im Vorwort wird von den Autoren jedoch explizit darauf hingewiesen, dass das vorliegende Werk nicht den Anspruch erhebt vollständig zu sein und bewusst Schlaglichter auf die wichtigsten Formen und Fakten wirft.
Aus den wissenschaftlichen Kurzvitae ist ersichtlich, dass durch die drei Autoren die Gebiete der Klassischen Archäologie und der Ur- und Frühgeschichte sowie Etruskologie, Kunstgeschichte, Alte Geschichte und Gräzistik abgedeckt werden. Trotz des Fehlens eines Ägyptologen sind auch die Beiträge über das alte Ägypten als weitestgehend gut recherchiert und dargestellt zu bestätigen.
Das Titelbild des Werks ziert aussagekräftig das attische Grabrelief der Mnesarete. Der klassische Archäologe verbindet damit gleich die reichen Gräberstraßen im Athen des 5. und 4. Jh. v. Chr. Der Laie hingegen bekommt auch ohne dieses Wissen einen Eindruck vom Umgang mit dem Tod. Das klar gegliederte Inhaltsverzeichnis führt den Leser vom Übergeordneten, wie den Jenseitsvorstellungen, Bestattungsarten, Riten und Nekropolen (Kapitel 1 bis 4), zum Detaillierten, worunter Bestattungsformen, Grabbauten und Grabmonumente (Kapitel 5 bis 7) zu verstehen sind. Als eine Art Zugabe beschließt ein Überblick über die Todesursachen das Werk (Kapitel 8). Im Anhang befinden sich z. T. geraffte Zeittafeln sowie ein Glossar. Die Bibliografie ist kapitelweise aufbereitet und enthält neben den Standardwerken auch aktuelle Titel. Sehr hochwertige Schwarz-Weiß-Aufnahmen runden den Gesamteindruck des Buches ab.
Das Kapitel über die Jenseitsvorstellungen wird vom Alten Ägypten eingeleitet, in dem u. a. essenzielle Begrifflichkeiten aufgeführt werden, die jedoch in ihrer Erklärung etwas dürftig bleiben. Darauf folgen die Vorstellungen der Griechen, Etrusker und Römer, die besser erforscht bzw. den hier vertretenen Archäologen besser verständlich sind. In dieser Reihenfolge werden auch die nachfolgenden Kapitel behandelt. Die unterschiedlichen Bestattungsarten werden kurz vorgestellt, bevor ausführlicher über die Riten gesprochen wird. Es wurde dabei eine Einteilung in präfuneräre Riten, die mit dem Begräbnis einhergingen, und postfuneräre Riten vorgenommen. Das den Nekropolen gewidmete Kapitel beleuchtet in knapper Form unter dem eigenständigen Punkt 'Sonstige Bestattungsareale' auch Begräbnisorte im Vorderen Orient. Bei den Bestattungsformen werden vor allem die Sarkophaggräber herausgestellt. Daran schließen sich die verschiedenen Formen der Grabbauten an, bei denen auch auf die Einflüsse zwischen den Kulturen eingegangen wird ' z.B. wurde die Pyramide des Gaius Cestius in der Aurelianischen Mauer in Rom den ägyptischen Pyramiden nachempfunden. In diesem Kapitel werden auch die Kenotaphe (Scheingräber) und Ehrengräber mit aufgenommen, die eine spezielle Bedeutung in den alten Kulturen besaßen. Das mit 'Grabmonumente' überschriebene Kapitel lässt zunächst darauf schließen, dass es sich um bestimmte Gegen-stände handelt, die Gräber kennzeichneten. Diese Bezeichnung erweist sich bei längerem Lesen als irreführend gewählt, da z. B. unter dem Punkt 'Grabvasen' auch Grabbeigaben und Bestattungsgefäße aufgeführt werden. Zu den weiteren behandelten Abschnitten gehören die Grabskulpturen; hier ist zu diskutieren, ob im Rahmen der Ägyptologie von Grabskulpturen gesprochen werden kann. Über Grabreliefs und -altäre geht es zu den Grabinschriften sowie weiteren Formen. Bei diesem Kapitel wäre es jedoch besser gewesen, wenn eine konkrete Trennung zwischen ober- und unterirdischen Sepulkralgegenständen vorgenommen worden wäre. Das Schlusskapitel gibt einen knappen Einblick in die Paläopathologie und die antike Heilkunde.
Insgesamt gesehen bietet 'Tod und Sterben in der Antike' einen prägnanten und in verständlicher Sprache verfassten Überblick, der sich gut für Studierende in den ersten Semestern sowie für den interessierten Laien eignet. Auch für den informierten Leser kann dieses Buch als Nachschlagewerk dienen, wobei die als Kapitelüberschriften gewählten Termini kritisch zu bewerten sind, da keine Definitionen dieser gegeben werden. Die Bibliografie lädt jedoch zu einer Vertiefung bestimmter Punkte ein.