Opfer des Hasses
Der Holocaust in der UdSSR 1941-1945

Das Buch von Al'tmann erschien 2002 in russischer Sprache und liegt nun Dank der Förderung des 'Vereins für Geschichte des Weltsystems e.V.' auf Deutsch vor. Es stellt die vermutlich bedeutendste, bisher nur in russischer Sprache zugängliche Publikation über den Holocaust in der UdSSR dar. Trotz dieser Bedeutung ist jedoch festzuhalten, dass das Werk insgesamt nicht den Standard der angloamerikanischen, israelischen oder deutschen Holocaust-Forschung erreicht. Das liegt maßgeblich daran, dass der Autor nur wenige Werke in englischer Sprache für seine Arbeit genutzt und dabei auch Standardwerke wie die von Raul Hilberg oder Leni Yahil außen vor gelassen hat. Vor allem aber wurden die Arbeiten von Christian Gerlach, Wendy Lower, Dieter Pohl und anderen zwar zum Teil in die Literaturliste eingefügt, aber es wurde offensichtlich nicht mit ihnen gearbeitet. Aus diesem Grund fällt das Buch mitunter weit hinter den Forschungsstand zu einzelnen Fragen zurück, z.B. wenn die Bedeutung der Wannsee-Konferenz verhandelt wird.
Das Buch sollte dementsprechend nicht als in jeder Hinsicht belastbares Standardwerk behandelt werden. Als ergänzende Literatur leistet es hingegen mitunter gute Dienste. Viele Details erweitern den bisherigen Forschungsstand. Allerdings ist auch bei den genannten Zahlen Vorsicht angebracht. So geht Al'tmann etwa von 810.000 jüdischen Opfern in Weißrussland aus (S. 367), während Christian Gerlach mit deutlich umfangreicheren Belegen davon ausgeht, dass die jüdische Bevölkerung in Weißrussland im Juni 1941 zwischen 650.000 und 680.000 Menschen lag und von diesen etwa 500.000 bis 550.000 während des Krieges ermordet wurden oder ums Leben kamen. Insgesamt geht Al'tmann von 2,8 Millionen ermordeten Juden auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion aus, während in der westlichen Forschungsliteratur eher mit höchstens 2,1 Millionen Opfern gerechnet wird.
Trotz dieser Mängel ist es ein großer Vorteil des Buches, dass es einen guten Überblick über den Stand der Holocaust-Historiografie in Russland und anderen postsowjetischen Ländern gibt.