Europa erlesen Tallinn

Die Herausgeberin hat Erinnerungstexte aus vier Jahrhunderten zusammengetragen, die nicht immer leicht aufzuspüren waren, von Adam Olearius und Paul Fleming, Anton Friedrich Büsching und Johann Gottfried Seume bis zu Jaan Kross, Lennart Meri und Cees Nooteboom, darunter auch weitere zeitgenössische estnische Schriftsteller. Insgesamt findet man hier gut fünfzig Autoren auf kaum mehr als zweihundert Seiten, man könnte sagen: zusammengestückt; hier wäre nun wirklich einmal weniger weit mehr gewesen, denn Abschnitte von zwölf, siebzehn, zwanzig oder fünfundzwanzig Druckzeilen von bedeutenden Autoren sind nur eben zu erklären, kaum zu entschuldigen, gar zu rechtfertigen, zumal wenn sie über die Stadt, das alte Reval, nichts aussagen. Es sind dies Flecken, die mich leider hindern, das sympathische kleine Buch uneingeschränkt zu loben. Manche Fehler, die man auch entdeckt, mögen der Eile und der von ihr verursachten Flüchtigkeit zu danken sein, sie bleiben bedauerlich. Leicht zu beseitigen wären Irrtümer, Widersprüche oder willkürlich veränderte Formen der dadurch uneinheitlich gewordenen, allzu spärlichen Anmerkungen, zumal in Hinsicht auf in Deutschland nicht eben bekannte Autoren, zu deren Wirken ein genauerer Kommentar erforderlich wäre. Das Prinzip der Auswahl wird deutlich gemacht, aber leider nicht durchgehalten. Den Unzulänglichkeiten aber, die ich leider nicht verhehlen kann, steht so viel Erfreuliches gegenüber, daß ich sie lieber verschwiegen hätte. Doch verdient das hübsche Buch nun einmal aufmerksame Leser ' und eine zweite, verbesserte Auflage!