Die Elixiere der Schrift
Literatur und Alchemie

Elmar Schenkel interessiert sich seit längerem schon für die Verbindung von Alchemie und Kunst. Im Jahr 2000 organisierte er eine internationale Tagung The Golden Egg, die sich mit dem Einfluß der Alchemie auf die Kultur beschäftigte. Er hat sich auch mit dem Dichter und Alchemisten Alexander von Bernus auseinandergesetzt, dessen Werk ' nach Meinung einiger Literaturwissenschaftler ' zu wenig bekannt ist. Hier ist nun eine kleine, nur ca. 60 Seiten umfassende, aber inhaltsreiche Schrift zur Frage der Literatur und Alchemie anzuzeigen.
Der Autor untersucht zunächst drei Thesen:
1. Die Alchemie stellt die Nachtseite des europäischen Bewußtseins dar.
2. Wir können die Alchemie und das mit ihr einhergehende Weltbild nicht einfach abschütteln.
3. Wir müssen uns mit der Alchemie beschäftigen, weil sie die geistigen Module geliefert hat, in denen heute bestimmte Wissenschaftler arbeiten und mit denen Sekten und Weltverbesserer auf Menschenfang gehen.
Diese Thesen einer idealtypischen Alchemie sind kurz und prägnant herausgearbeitet. Der Autor legt besonders Wert darauf zu zeigen, daß die Alchemie ein Weltbild enthielt, das von unserem heutigen völlig verschieden und daher auch nur schwer zu verstehen ist, das aber weiterhin unbewußt tradiert wird. Kern dieses Weltbildes ist die Umwandlung vom Niedrigen zum Höheren. Der Stein der Weisen ist ein Symbol dieser ewigen Umwandlung. Der Begriff Alchemie hat ' wie der Autor zu Recht ausführt ' immer noch eine große Werbewirksamkeit.
Der Autor geht dann auf die Symbole und Bilder der Alchemie ein, die uns immer noch berühren und besonders die Künstler inspiriert haben. Die Geschichte dieser Vorstellungen wird kurz abgehandelt. Besonderen Wert legt er auf die Alchemie als Literatur: 'ihre Texte können als Kunst genossen werden' (S. 23) und: 'Es gibt die Literatur in der Alchemie, es gibt die Alchemie in der Literatur und es gibt die Literatur als Alchemie' (S. 24).
Die Verwendung der Bibel und der griechischen Mythen, aber auch von Märchen und Sagen stehen für die 'Literatur in der Alchemie'. Einen großen Teil der Arbeit nimmt die Darstellung des Einflusses der Alchemie auf die Literatur ein. Von den satirischen Werken über Goethes Faust bis hin zu  James Joyce wird dieser Einfluß aufgezeigt.
Als Schlußbemerkung weist der Autor auf das Grundprinzip der Alchemie ' solve et coagula ' hin und führt aus, daß diese Formel auch den kreativen Prozeß und damit das Schreiben fassen läßt. Leider werden in diesem kleinen Buch die alchemistischen Schriften als eigene Literaturgattung nicht bearbeitet. Der Umfang des Buches hätte dafür allerdings auch nicht ausgereicht. Dennoch ein lesenswertes Buch, für alle die sich für den Einfluß der Alchemie auf die Literatur interessieren.