Ernst Stückelberg 1831-1903

 'Man soll wissen, dass diese Stadt von dem Erdbeben zerstört und zerbrochen ward und blieb keine Kirche, Turm noch steinen Haus, weder in der Stadt noch in den Vorstädten, ganz [...]. Auch fiel der Burggraben an vielen Stellen ein [...]'.
Dieser oder ein ähnlicher Auszug wie hier aus dem Roten Buch des Basler Rates mag Ernst Stückelberg inspiriert haben, der 1831 in Basel in eine der besten Bürgerfamilien hineingeboren wurde, als er 1886 das 'Erdbeben von Basel' schuf. Die Vorstellung des Bildes im Atelier des Malers wurde ein Ereignis, die Begeisterung der städtischen Bevölkerung war groß. Dem geschätzten Künstler, zu seiner Zeit als Historienmaler wohl bekannt, widmetete 2003 das Kunstmuseum Basel eine groß angelegte Austellung, zu dem ein reich bebilderter und hervorragend kommentierter Katalog veröffentlicht wurde.
Antikisierendes und Mythologisierendes sind von Stückelberg behandelte Szenen gleichwie aus der Schweizer Geschichte Entlehntes ' Wilhelm Tell (just diesen Jahres jähren sich 200 Jahre Uraufführung) oder der letzte Hohenrhätier (als einziges seiner Bilder in einer Monographie behandelt) seien hier nur kurz erwähnt. Nach seinem Tode, gemeinsam mit der 'Salonmalerei' rasch vergessen, dauerte es also 100 Jahre, ihn aus der 'Mottenkiste der Kunstgeschichte' (Cl. Spinelli, in: Die Weltwoche 32/2003) herauszuziehen. Katalog und Ausstellung stützen sich dabei nicht nur auf die historisch-architektonischen Gemälde, sondern auch auf zahlreiche Porträts, die Stückelberg teils als Auftrag, teils als Studien erstellte, und daneben seine frühesten Bilder mit religiösen Szenen. Zurecht verweist der Katalogtext auf Parallelen zu Werken von Veronese oder Rembrandt bzw. auf das Œuvre seiner Lehrer Wapper oder von Schwind; da es sich häufig um kompositorische Vergleiche handelt, hätten hier selbst kleinformatige Abbildungen von Werken der angesprochenen Maler zur Anschauung Gewinn gebracht.
Lindemann stellt dem Katalog übersichtsartig Genre, Portraits und Landschaften voran, an denen er exemplarisch Kunstauffassung und -gestaltung Stückelbergs nach zu zeichnen sucht. Trotz der zahlreichen Beispiele kann der Leser leicht seinem roten Faden folgen und wird bestens mit Zeitgeist und Parallelen vertraut gemacht. Auf dieser Grundlage beschreibt und zeichnet Meier in einem zweiten Teil Entstehungs- und Wirkungsgeschichte ausgewählter Malereien nach, denen er in einem dritten Teil noch den Briefwechsel Jacob Burckhardt-E. Stückelberg wissenschaftlich aufbereitet anfügt.
Den Analysen der Herausgeber ist essentielles nichts hinzu zufügen, was für die besondere Sorgfalt bei der Erstellung dieses Kataloges spricht. Ein leicht lesbarer, dennoch informativer Textteil hat sich mit einem sorgsam ausgesuchten und in hervorragender Bildqualität abgedruckten Abbildungsteil zu einer sehr empfehlenswerten Einführung in die Werkbetrachtung Stückelbergs und sein Leben verbunden.