Kaum ist der erste von zwei Bänden des 'Großen Madea' (Handbuch gerichtliche Medizin) vom Springer-Verlag editiert (siehe WLA 2/2003) liegt fast zeitgleich ein weiteres rechtsmedizinisches Werk vor, welches man als Analogon zum Vorgenannten als den 'Kleinen Madea' bezeichnen könnte.
Kompakt und mit dem Aufdruck 'alles drin, alles in Farbe' versehen, will der Autor, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Bonn, vermitteln, wie rechtsmedizinische Erkenntnisse in Hinblick auf Befunderhebung, Rekonstruktion und Begutachtung praxisorientiert umgesetzt werden können. Hierzu bedient sich Madea der breitgefächerten Mitarbeit von 27 namhaften Rechtsmedizinern und Juristen. In 12 Kapiteln, 257 Abbildungen in 331 Einzeldarstellungen und 172 Tabellen weicht das Buch vom tradierten rechtsmedizinischen Lehrbuch ab. Der Grund liegt auf der Hand und spiegelt sich im Vorwort sowohl des 'Großen' als auch des 'Kleinen Madea' wider: Enormer Wissenszuwachs, neue fortschrittliche Analysemethoden sowie erhebliche Differenzierungen und Erweiterungen des forensisch-medizinischen Aufgabenspektrums verbunden mit immer neuen Anfragen und Anforderungen aus verschiedenen Rechtsgebieten an die Rechtsmedizin, welche sich mittlerweile zu einem etablierten Forschungsgebiet entwickelt hat.
Die jedem Kapitel einleitend vorangestellten Fälle aus dem gerichtsmedizinischen Alltag mögen für den rechtsmedizinischen Laien den Anschein spannender, kriminalromanhafter Lektüre erwecken, belegen aber in Wahrheit in allen Teilbereichen den jeweiligen Praxisbezug. Das als Lehr- und Praxisbuch konzipierte Werk mit farbig hervorgehobenen Leitsätzen, Checklisten, Infoboxen etc. sowie ausführlich kommentierten Gesetzestexten und jeweiliger Anschlußliteratur zu den einzelnen Kapiteln umschließt die Themen 'Aufgaben und Struktur des Faches', 'Thanatologie', 'Traumatologie und gewaltsamer Tod', 'Plötzliche und unerwartete Todesfälle aus innerer Ursache', 'Klinische Rechtsmedizin und forensisch-klinische Untersuchungen', 'Forensische Psychopathologie', 'Toxikologie', 'Verkehrsmedizin', 'Forensische Serologie/Molekulare Genetik', 'Ärztliche Rechts- und Berufskunde ' Medizinrecht', 'Versicherungsmedizin, Begutachtungskunde' und 'Besondere Rechtsvorschriften in der Schweiz und in Österreich'. Wer das Buch systematisch und nicht nur punktuell liest, wird merken, daß hier und da einzelne kleine, teilweise unvermeidbare und keinesfalls störende Überschneidungen und Wiederholungen vorkommen. Alles in allem ist das Ziel von Herausgeber und Autoren aber gelungen, nämlich, wie Madea es formuliert, 'den derzeitigen Wissensstand der Rechtsmedizin in einer zeitgemäßen und auf die Bedürfnisse des Arztes in Klinik und Praxis zugeschnittenen Weise darzustellen und letztlich den Arzt durch Verstehen des Wesentlichen in die Lage zu setzen, relevante Befunde zu erheben und zu deuten'. Empfehlenswert ist das Buch jedoch nicht nur für den Arzt 'vor Ort' und in der Praxis, sondern unbedingt auch für Studenten sowie interessierte Juristen und Kriminalisten. Aus der Sicht des Rezensenten ist es ein außerordentlich gelungenes Buch, welches auch tatsächlich hält, was es verspricht: 'alles drin, alles in Farbe'.