Die Autorin hat sich zum Ziel gesetzt, die geschichtlichen Entwicklungen und Prozesse in der Region - im folgenden meint die Bezeichnung 'Syrien/-syrisch' den Gesamtraum einschließlich des Libanon - d.h. in einem Zeitraum von ca. 10 000 Jahren darzustellen. Eine detailreiche Beschreibung archäologischer Funde und Befunde ist in diesem Rahmen natürlich nicht möglich und war auch gar nicht angestrebt. Sie benutzt statt dessen die Methode der Strukturanalyse, deren Ausgangspunkt ein Geschichtsverständnis ist, das die historischen Ereignisse vorrangig unter dem Aspekt des strukturellen Wandels sieht. Sie versucht also, 'herauszufinden, in welchen Teilbereichen der Gesellschaft die Wirkungsfaktoren liegen, die die Kontinuität garantieren bzw. den Wandel verursachen' (S. 3f.). Dadurch treten zwar handelnde Personen in den Hintergrund, man erfährt aber mehr über die allgemeinen Rahmenbedingungen, die die historische Entwicklung bedingen.
Grundlage aller geschichtlichen Ereignisse ist die natürliche Umgebung: Klima, Bodenverhältnisse, Wasser, Flora und Fauna setzen die Bedingungen fest, in denen die Entwicklungen verlaufen.
Das Neolithikum ist geprägt durch die Umstellung der Subsistenzsicherung von der aneignenden zur produzierenden Wirtschaftsweise. Die Gründe für diesen einschneidenden Schritt sind bis heute nicht völlig geklärt, unter Umständen ist es eine Reaktion auf Ressourcenverknappung (S. 34ff.). Das Chalkolithikum ist eine Zeit dörflicher Siedlungen mit zunehmend komplexeren Gesellschaftsstrukturen. Die Frühbronzezeit ist geprägt durch die Entwicklung vom Dorf zur Stadt, die gekennzeichnet ist durch eine wachsende Bevölkerungszahl und gleichzeitige Entstehung einer Elite. Erste Städte (eine Definition einer altorientalischen Stadt ist hier nicht möglich, vgl. S. 69-72) entstanden außerhalb von Syrien in Südmesopotamien. Diese gründeten Dependenzen in Syrien, die der eigenen Versorgung mit Rohstoffen durch Kontrolle der Handelswege dienten. Auf das syrische Umland hatte dies zunächst keinen Einfluß. Erst in einer späteren Phase der Frühbronzezeit, nach Zusammenbruch der Urukwelt, bildeten sich hier wie in Mesopotamien selbst zahlreiche voneinander unabhängige Städte. Gemeinsam ist allen die zentrale Bedeutung des Handels. Es entsteht ein System von nebeneinander existierenden Städten, die durch ein Netzwerk von Handelsverbindungen miteinander verbunden sind, von denen jede ihre eigene Prägung durch besondere Spezialisierung besitzt, die aber dennoch abhängig sind. In der Mittelbronzezeit sind als historische Ereignisse die durch gegenseitige Konkurrenz entstehenden zahlreichen Konflikte prägend, welche jedoch das Gesamtsystem nicht gefährden. Diese Form der überregionalen Organisation ist für den syrischen Raum offensichtlich besonders günstig. Auch in den folgenden Perioden entsteht sie - mit wechselnden Städten - immer wieder, sobald die Region sich frei entwickeln kann. Die Spätbronzezeit ist durch die Entstehung von Territorialreichen geprägt, deren Zentren außerhalb von Syrien liegen, die sich aber dorthin ausdehnen, um die Kontrolle über deren ökonomische Potentiale zu gewinnen. Diese Entwicklung gipfelt in der Entstehung des assyrischen Imperiums. In der Eisenzeit beginnt in den phönizischen Städten eine neue Entwicklung im Handel. Erstmals wird marktorientiert produziert und das alte System des Tauschhandels aufgegeben.
Soweit eine sehr gekürzte Zusammenfassung der Entwicklung Altsyriens, die schon auf den 260 Seiten des Buches nur sehr gerafft vorgestellt werden kann. Gerade darin liegt aber der große Vorzug. Man gewinnt einen knappen Überblick über die Entwicklung Syriens als Teil des Alten Orient bis zum Beginn des Hellenismus, seit dem das Land zu einen anderen Kulturraum als Mesopotamien gehört. Sehr bedauerlich ist die außerordentlich schlechte Ausstattung des Buches mit lediglich fünf Karten, die Auskunft zum Naturraum und zeitlich gegliedert zur Verteilung der Fundorte geben sollen. Ferner würde man sich den einen oder anderen der ausführlich beschriebenen Grundrisse in Abbildung wünschen.