Petrarcas Aufrufe zur Errettung Italiens und des Erdkreises

Die Briefe Petrarcas sind, da an einflußreiche und hochstehende Freunde, an Persönlichkeiten wie Kaiser Karl IV., an den Kanzler des Kaisers, an Kardinäle und an das Volk von Rom gerichtet, Sendschreiben politischen Charakters; sie werden auch abgeschrieben und weiterverteilt, wie es mit den an ihn gerichteten Briefen geschieht. Briefe sind noch nicht privat, der Dichter Petrarca ist eine öffentliche Figur, denn der Humanist ist ein streitbarer Patriot, eifriger Verfechter der Weltstellung Roms, Bewunderer und Parteigänger des Tribunen Cola di Rienzo, von dem er eine Erneuerung des alten Glanzes erhofft, zumal angesichts der Entartung der in Avignon exilierten Kurie, der eine Reihe von Briefen gewidmet ist (Liber sine nomine). Der lateinische Originaltext wird mit der deutschen Übersetzung der Briefe vorgelegt, wobei nicht wenige Stücke zum ersten Male in deutscher Wiedergabe erscheinen. Vorarbeiten haben Konrad Burdach und Paul Piur geleistet, deren dankbar gedacht wird. Manches in dieser Epistolographie klingt durchaus präreformatorisch, doch war der Wunsch, ein mächtiges Rom wieder zum Mittelpunkt der Welt werden zu sehen, historisch gewiß überholt.
Der Schriftsteller Petrarca zeigt sich in stolzer Bescheidenheit: 'Doch nun fürchte ich, Euch über Gebühr mit Worten hinzuhalten, und dies zu einer Zeit, wo eher Taten nötig sind. Da solche weder meinem Beruf noch meinem Vermögen zukommen, biete ich das einzige Hilfsmittel, das ich habe: das Wort', schreibt er an Cola di Rienzo. Später ist er von ihm enttäuscht, da es schien, Cola wolle lieber schimpflich leben als ehrenvoll sterben. Doch will er ihn schützen, da er sich gegen die anmaßende und willkürliche Adelsherrschaft in Rom gewandt hatte. 'Andere haben das Schicksal einzelner Menschen und einzelner Schandtaten geschildert; mir obliegt, des ganzen Menschengeschlechts Verhängnis, Knechtschaft, Untergang, Verspottung und Tod zu besingen, vielmehr zu bejammern', beklagt er die Erniedrigung durch die kirchliche Despotie.
Auch enttäuscht ihn der Kaiser, der sich strikt an die Abmachungen mit der Kurie hält und nur kurz in Rom verweilt, anstatt von dort aus die legitime Herrschaft über den Erdkreis zu erneuern. - Imponierend in seiner rhetorischen Stärke, zeigt sich der Dichter Petrarca als homo politicus, und er genießt seine Rolle, wie er den Ruhm genießt.