Ethik in den Weltreligionen
Judentum - Christentum - Islam. Mit Beiträgen von Richard Brüllmann, Harald Faber, Andreas Rössler und Werner Zager

Konsenssuche in Zeiten der Globalisierung

Der Band sammelt Texte, die auf Vorträge im Rahmen der "Internationalen Seminartage" vom 23.-25.3.2001 im Albert-Schweitzer-Begegnungszentrum Gunsbach/Elsass unter dem Rahmenthema "Ethik in den Weltreligionen" gehalten wurden. Zwei Beiträge knüpfen unmittelbar an Albert Schweitzer an. R. Brüllmann, Weltethos und Globalisierung. Albert Schweitzer - Wegbereiter der Idee einer universellen Ethik (S. 1-20) stellt heraus, daß der Globalisierung als einer neuen Phase der Geschichte der Menschheit angesichts ihrer negativen Auswirkungen nur durch Beachtung der ethischen Dimension eine positive Richtung gegeben werden kann. Er sieht Anzeichen dafür, daß dies bewußt wird, kann dafür auf Beispiele aus der Schweiz verweisen, Ethik werde neu als wesentlich für das Zusammenleben der Menschen erkannt, so wolle z.B. die Universität Zürich, die Auseinandersetzung mit den ethischen Aspekten der Wissenschaft institutionalisieren. A. Schweitzer habe schon in einer Vorlesung aus dem Jahre 1912 die Ehrfurcht vor dem Leben als den Grundton aller Kultur benannt, sie könne jeden Menschen, sogar den überzeugten Materialisten beseelen. Für ihn sei die "Ehrfurcht vor dem Leben" Weltethos, jederzeit und überall gültig. In der auf Anregung von H. Küng 1993 vom "Parlament der Weltreligionen" in Chicago verabschiedeten Erklärung zum Weltethos wird Schweitzers Gedanke, ohne ihn zu nennen, wiederaufgenommen, wenn die erste der "vier unverrückbaren Weisungen" so formuliert wird: "Verpflichtung auf eine Kultur der Gewaltlosigkeit und der Ehrfurcht vor allem Leben". Wenn Küng auf der Verantwortung der Religionen für das Weltethos und damit für den Weltfrieden bestehe, müsse man doch erinnern, daß die ethische Verpflichtung im Sinne A. Schweitzers darüber hinaus alle Menschen, alle Gruppierungen und Berufe angehe. W. Zager, Die Weltanschauung der Ehrfurcht vor dem Leben. Einführung in den dritten Band der Kulturphilosophie von Albert Schweitzer (S. 95-107) bietet einen ersten Zugang zur denkerischen Entwicklung Schweitzers, insbesondere auch zu seinem Bemühen, das Ethos der "Ehrfurcht vor dem Leben" im Gespräch mit den asiatischen Religionen zu begründen.

H. Faber, "Mache seinen Willen zu deinem Willen ...". Grundzüge jüdischer Ethik (S. 21-68) und W.Zager, Hingabe an Gottes Willen. Ethik im Islam (S. 69-92) informieren gründlich, mit Zitaten aus den Quellen und reichlich Verweisen auf aktuelle Literatur. M. Rössler, Weltethos aus christlicher Sicht (S. 109-126) macht deutlich, daß damit nicht eine Dominanz des christlichen Ethos gemeint ist, sondern in Anlehnung an Gedanken Schweitzers ein universales, globales Ethos im Geiste Jesu. Es stützt sich auf die oft schon jahrtausendealten religiösen und ethischen Traditionen der Menschheit, auf ihren weisheitlichen und sittlichen Fundus, ist auf der Suche nach einem universalen ethischen Grundkonsens.