Rom - eine Biografie
Menschen und Schicksale

Dieser Band bildet den Anfang einer neuen Reihe, in der zwischenzeitlich weitere Beschreibungen von Großstädten und Kulturregionen erschienen sind. Dies macht es nachvollziehbar, dass in relativ kurzer Folge wiederum eine Stadtgeschichte Roms auf den Buchmarkt gebracht worden ist (einige andere hatte der WLA bereits anzeigen können). Diese hier nun reicht dem Titel zufolge zeitlich von Romulus bis Mussolini.

Neues darf und kann man von dem Buch kaum erwarten, nähert man sich der römischen Stadtgeschichte wie der Autor Elbern chronologisch: Aeneas, Romulus und Tarquinius sind die Protagonisten der ersten Seiten. Ihnen folgen die Auseinandersetzung Roms mit den Karthagern – namentlich Hannibal – und die Bürgerkriege, denen Gracchus, Sulla, Pompeius und Cicero zuzurechnen sind. Die daran anschließende Schilderung der römischen Kaiserzeit führt bis in das Jahr 284 n. Chr. Der Leser ist derweil etwa bei der Hälfte des Buches angekommen und hat bisher einen kurzweiligen Lesegenuss erfahren können.

70 Seiten bleiben noch, nachdem die Spätantike mit ihren rasch wechselnden Herrschern, dem Aufkommen des Christentums und dem Ende des Weströmischen Reiches in Husarenmanier durchritten worden ist, um das Rom des Mittelalters, der Renaissance, des Barock und der Moderne abzubilden. Hierbei stehen an erster Stelle die Päpste im Vatikan und ihre Förderung der sakralen Baukunst, z. B. durch den Neubau der Peterskirche durch Bramante oder den Arbeiten des Universalgenies Michelangelo Buonarotti gleichwie des Ausnahmetalents Raffael. Darin eingeschlossen sind diverse Skandale – vor allem in Verbindung mit dem Namen Borgia. Mit Bernini und Borromini handelt Elbern das römische Barock ab, streift kurz die „Römische Republik“ und endet mit den archäologischen Grabungen während des italienischen Faschismus und der teilweisen Antikisierung der Ewigen Stadt. Der Band, der mit der Antike begonnen hat, endet mit einer Facette ihrer Rezeption; dies verleiht dieser Biografie Roms eine gelungene Abgeschlossenheit.

Wie im Titel prognostiziert, hat Elbern das Wirken von Einzelpersonen mit der Geschichte der Stadt verquickt („Menschen und Schicksale“). Aus der Mikrobetrachtung heraus entwickelt er so über große Zeiträume hinweg die Bedeutung Roms für das europäische Zusammenwachsen, zeichnet die Imaginationen nach, die auf die Ewige Stadt projiziert worden sind, und macht die Brüche in der Bedeutung dieser Weltstadt deutlich – und wie immer wieder versucht worden ist, diese Diskontinuität zu überdecken.

Für Elbern manifestieren sich die von ihm besprochenen Personen vor allem in den von ihnen in Auftrag gegebenen Bauten und deren Ausschmückungen (Fotografien davon findet man im Band selbst nur wenige). Sie sind eine Form städtischen Gedächtnisses, aber wegen der Bedeutung der Stadt auch Teil einer europäischen oder sogar universalen Erinnerung. Prominentes Beispiel hierfür mag die Sixtinische Kapelle sein, deren Entstehung und Name auf Sixtus IV. (1471-1484) zurückgeht, die aber als Klausur während der Papstwahl allgemeines wie kirchliches Interesse auf sich zieht; deshalb ist sie – neben den Fresken, die Michelangelo erschaffen hat – nicht nur unter Kunsthistorikern weltberühmt. Bedeutende Bauwerke lassen sich in schneller Folge aufzählen, sei es das Kolosseum, die Peterskirche, das Forum Romanum oder die Trabantenstadt EUR. Viele von ihnen hat Elbern als separaten Absatz stets an die Enden seiner Übersichtsartikel gestellt (als Kunst der jeweiligen Epoche). Fachbegriffe füllen die Seiten 193-196, ein Ortsregister und der Abbildungsnachweis beschließen dieses sehr gelungene Buch.

Elberns Erzählstil ist knapp und eindringlich, lebendig wie auch frisch. Tristesse kann so bei der Lektüre seiner römischen Biografie wahrlich nicht aufkommen. Einzelne Betrachtungen sind verkürzt und an manchen Stellen provokant, aber stets mit Gewinn zu lesen: Rom – eine Biografie reiht sich unter den gelungenen Ausgaben einer der vielen Geschichten zur Ewigen Stadt ein.