Kritischen Umgang mit Sprache zu vertiefen ist das Kernziel des vorliegenden Bandes Journalistisches Texten, der inzwischen in der dritten Auflage erhältlich ist; an einer regen Nachfrage mangelt es also nicht. Professor Jürg Häusermann hat eine ansprechende Kombination zwischen Lehr- und Arbeitsbuch konzipiert, mit der er Journalisten und Fachautoren ermutigt, kritisch mit der eigenen Schreibpraxis umzugehen.
Sein Buch ist in sechs Abschnitte unterteilt, die praktische Hinweise bei Recherche, Texterstellung und Selbstreflexion auf das Geschriebene geben. Am Anfang stehen das richtige Verstehen von Informationen und die korrekte Wiedergabe einer informellen Ausgangssituation bzw. deren konsequente Interpretation. Zahlreiche Beispiele – im Guten wie im Schlechten – dokumentieren die Hinweise des Verfassers.
Anschließend baut Häusermann alternative Vermittlungsstrategien nach, wie gewonnene Informationen mit individueller Schwerpunktsetzung durch einen Text (mit oder ohne Bebilderung) weitergegeben werden können. Formal geht er darauf im Kapitel „Aufbau“ (S. 55-73) ein und methodisch in den zwei nachfolgenden Abschnitten „Modelle“ und „Kreative Verfahren“.
Der Absatz „Fremde Rede“ widmet sich ausführlich, Äußerungen von anderen als dem Verfasser in verschiedenen Aspekten in einen eigenen Text einzubinden. Zitationen, Verschriftlichungen, indirekte Rede und Kontextbeschreibungen einschließlich des Mitschreibens sind die hierbei mit berücksichtigten Unterpunkte. Häusermann legt besonderen Wert auf die korrekte kontextbezogene Wiedergabe von Zitaten, sodass Meinungen auch im später zusammenfassenden Text deutlich als Meinungen erkennbar bleiben bzw. sich der Verfasser eines Textes nicht Meinungen z. B. seiner Interviewpartner zu eigen macht. Eine nachvollziehbare Quellenangabe ist ebenso unerlässlich wie eine unverfälschende Bearbeitung von Äußerungen bei der Wiedergabe etwa einer spontanen Rede oder eines Interviews. Ein wichtiger Unterpunkt ist das „Journalistische Gespräch“, in welchem Häusermann Kommunikationstechniken und –formen bespricht (S. 127-130). Gut gelungen ist das dritte Kapitel des Bandes über den sachgerechten und verständlichen Umgang mit Fachsprachen, in welchem der Autor darlegt, wie wichtig ein schnelles und leichtes Nachvollziehen von Aussagen in einem Text ist. Ein möglicher Konflikt bestehe immer zwischen der Forderung einer präzisen Darstellung eines Sachverhaltes gegenüber einer einem Laienpublikum aufbereiteten, teilweise ungenauen Informationsvermittlung. Perspektivische Wechsel geben hiebei einen möglichen Lösungsansatz, weder zu fachspezifisch noch zu oberflächlich zu schreiben. Mit einem kritischen Blick auf die Verwendung von Synonymen beschließt er seine Ausführungen.
Der darauffolgende Abschnitt (S. 165-209) hat verschiedene Einstiegshilfen zum Inhalt, die zum Lesen motivieren sollen. Den Anfang machen Bilder mit Bildunterschriften, danach geht Häusermann auf die Herleitung passender Überschriften ein und erläutert den Sinn von eingeschobenen Zwischentiteln und –überschriften sowie den Einschub eines Leads (auch Vorspann genannt).
Kapitel 5 (S. 211-233) behandelt die Problematik einer Vermischung von Informieren und Kommentieren durch einen Autor. Wichtig ist Häusermann dabei, Perspektivenwechsel zu diskutieren und denotative wie konnotative Funktionen zu erläutern. Für persönliche Stellungnahme ist der Kommentar gedacht, der jedoch stets auf dem Sachverhalt aufbauen soll, Argumente liefern muss und zu einem nachvollziehbaren Urteil kommt. Dass Autoren ebenfalls über ein analytisches Verständnis verfügen sollten, Texte – die eigenen wie die anderer Verfasser – kritisch zu hinterfragen, wird im sechsten Kapitel (S. 235-252) beschrieben. Eine zielgerichtete Kritik ist Grundlage zu einer Textverbesserung, denn Kritiker wie Kritisierter müssen sich auf gemeinsame Punkte verständigen, will die kritische Auseinandersetzung nicht zwischen zu vielen oder unwichtigen Kritikpunkten zerrieben werden.
Mit einem umfangreichen Literaturverzeichnis und einem Index macht es Häusermann seinem Leser leicht, sich tiefer in Einzelfragen einzuarbeiten. Das gut strukturierte, informative und zugleich kompakte Einführungswerk in journalistisches Texten ist sehr zu empfehlen: Zahlreiche Textbeispiele veranschaulichen die abstrakt gehaltenen, allgemeingültigen Aussagen und Voraussetzungen, der systematische Aufbau der Kapitel und Unterkapitel schafft klare, nachvollziehbare Arbeitsschritte und Negativbeispiele dienen zur kritischen Überprüfung eigener Textentwürfe, um vermeidbare Fehler eleminieren zu helfen. Mehr ist von einer Einführung nicht zu verlangen.