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Das Leben am Nil und der Alltag im Alten Ägypten - WLA-Online - Wissenschaftlicher Literaturanzeiger
Das Leben am Nil und der Alltag im Alten Ägypten

Dieser kulturhistorisch angelegte Band vermittelt anhand verschiedener Objekte aus dem Bestand des Roemer-Pelizaeus-Museums in Hildesheim Einblick in den Alltag, den Glauben sowie in Handel, Kunsthandwerk und Landwirtschaft im alten Ägypten. Für die Beiträge verantwortlich zeichnen Martin von Falck und Britta Rabe, die kenntnisreich in ihre jeweiligen Themengebiete einführen. Drei Abschnitte sollen dem allgemein am pharaonischen Ägypten interessierten Leser das Leben am Nil verstehen helfen: Religion, Wirtschaft und Wohnkultur im alten Ägypten.

Im ersten Teil schildert von Falck Sonnenlauf und Nilschwemme als Kontinua der ägyptischen Vorstellungswelt. Ausgehend von diesen Naturerscheinungen postuliert er für die alten Ägypter eine stark an Fauna und Flora orientierte religiöse Bindung, deren Gottheiten sich daher an besonderen Orten oder in speziellen Lebewesen wie Tieren oder Bäumen ganz oder teilweise manifestieren können. Somit ist 'die ägyptische Götterwelt seit alters her regional strukturiert' (S. 10). Er führt den Leser auf dieser Idee aufbauend chronologisch durch verschiedene Entwicklungsphasen der altägyptischen Glaubensvorstellungen bis in die christliche Zeit hinein ' stets illustriert durch Rundbilder oder Reliefsteine mit religiösem Hintergrund bzw. Inhalt aus der Hildesheimer Sammlung.
Der Abschnitt 'Das Amarna-Intermezzo' von Martin von Falck ist vermutlich einem vorausgesetztem allgemeinen Publikumsinteresse geschuldet, denn auf Hinterlassenschaften dieser Epoche verweist der Text nicht (auf die Kat.-Nr. 6 und 36 hätte von der Zeitstellung her aufmerksam gemacht werden können). Die Ausführungen orientieren sich stark an den Thesen Jan Assmanns und sind diskutierbar.

Britta Rabe stellt die agrarische Produktionsweise im alten Ägypten an den Beginn ihrer Ausführungen. Die von ihr skizzierte Verwaltung, Distribution und Abschöpfung der Ernteerträge bilden die Grundlagen der anschließenden Kapitel zu Handelswegen und den verhandelten Tauschgütern. Breiten Raum gibt Rabe den Produktionsstätten der Bildhauer und deren Arbeitsweise.

Mit einem Blick auf Siedlungsarchitektur und Wohnkultur schließt von Falck die thematischen Übersichtsartikel ab. Auf 40 Doppelseiten folgen hieran Objektabbildungen und -beschreibungen.
Das Buchformat nimmt in seiner quadratischen Grundform anscheinend Bezug auf die zahlreichen, ebenfalls bei Philipp von Zabern erschienenen Kataloge von Ausstellungen wie z. B. 'Tutanchamun', 'Nofret ' die Schöne', 'Osiris ' Kreuz ' Halbmond' usw., die Hunderttausende von Besucher nach Hildesheim lockten und für einen steten Absatz der Begleitbände sorgten. Diese markante Aufmachung avancierte zu einer Art Markenzeichen vieler ägyptologischer Bücher dieses Verlags, die nun eine Renaissance erlebt: Die Objekte des Alten Reiches sind bereits in vergleichbarer Aufmachung erschienen, der nun 'Das Leben am Nil' folgt.

Die bedeutende Sammlung des Roemer-Pelizaeus-Museums nach thematischen Schwerpunkten gegliedert einem interessierten Publikum vorzustellen, ist konzeptionell eine Herausforderung. Bereits 1979 hatte Arne Eggebrecht in der Westermann-Reihe 'Museum' ein vergleichbares Vorhaben initiiert (vgl. Literaturverzeichnis S. 135, 'MUSEUM 1979'). Zehn weitere Ägyptologen hatten für diese Ausgabe Beiträge verfasst, die im Allgemeinen auf etwa einem Dutzend, mit zahlreichen Abbildungen veranschaulichten Seiten Informationen zu Staatsaufbau, Kult, Wirtschaft, Alltag und allgemein zu ägyptischen Gottesvorstellungen, Hieroglyphen und Mumien sowie Museumspädagogik und Restaurierung geben. Mehr als 120 Seiten füllen dieses Taschenbuch, das einen umfassenden Einstieg in die altägyptische Kultur gibt. Der hier zu besprechende Katalog 'Das Leben am Nil' ist von der thematischen Bandbreite schmaler angelegt. Staatsorganisation oder einzelne Phänomene wie Hieroglyphen werden nur am Rande erwähnt. Dafür folgt der inhaltliche Aufbau des Buchs der neuen Aufstellung im Museum. Die Anordnung im abschließenden Katalogteil erschließt sich allerdings nicht: Thematisch sind die Objekte nicht angeordnet (auf der letzten Seite der Beschreibungen wird auf Kat. Nrn. 31a-f bzw. 30a-c verwiesen, der Katalog umfasst aber 40 Objekte), ebenso wenig chronologisch, gleichfalls nicht nach Inventarnummern. Um ein bekanntes Objekt im Band finden zu wollen, muss angesichts einer fehlenden Katalog-/Objektnummer-Konkordanz das gesamte Buch durchgeblättert werden. Dafür ist die Bibliografie bzw. das Abkürzungs- und Literaturverzeichnis äußerst umfangreich ausgefallen ' das ohne jegliche Gewichtung für das interessierte Publikum schwer zu durchschauen und teilweise zu speziell ist.

Die Essays sind gut verständlich und flüssig lesbar verfasst. Die Fotografien überzeugen jedoch nicht immer: Seite 61 ist merklich nachgearbeitet (Krone Amenophis III. links, Sitzfigur der Teje in Taillenhöhe rechts); auf Seite 89 ist die Münzseite schlecht ausgeleuchtet, sodass die Inschrift verschwindet; Seite 97 ist fehlerhaft fokussiert (besonders augenfällig im Vergleich zur Abbildung des im Text erwähnten Katalogs 'Gott ' Mensch ' Pharao', dort S. 413); Seite 101 ist unscharf. Der beschreibende Text skizziert in der Regel kurz das abgebildete Objekt, ergänzt bei fragmentiert erhaltenen Artefakten die Verluste, gibt teilweise einen sammlungsgeschichtlichen Hintergrund mit an oder zieht Vergleichsstücke mit heran und ergeht sich erfreulich wenig in allgemeinen, weniger auf das Ausstellungsobjekt bezogenen Ausführungen. Bei einigen wenigen Katalognummern (wie z. B. Kat. Nr. 13) wären Angaben zur Genese der Gefäßform interessant gewesen. Bei Kat. Nr. 15 a und b (Papyrus mit demotischer Liste und griechischer Vertragstext) hätten kurze inhaltliche Angaben beigegeben sein sollen.

Die fehlende Katalog-/Inventarnummern-Konkordanz und die teilweise zu bemängelnde Qualität der Abbildungen ' vielleicht bei einem nachträglichen Scan oder bei der Freistellung der Fotografien entstanden? ' werfen Schatten auf einen ansonsten vom Layout und der Konzeption her als populärwissenschaftlich angelegten, gelungenen Sammlungskatalog.