Dieser Wilhelm Busch war Pastor in Essen und hat bis zu seinem Tode 1966 zahlreiche evangelistische Texte veröffentlichen können ' sein gesamtes Schaffen umfasst 460 Schriften. Eine hohe Auflage haben seine 'Plaudereien in meinem Studierzimmer' erreicht. Die Wände dieses Zimmers, genau genommen waren es in verschiedenen Häusern insgesamt zwei, sind mit Büchern und Bildern bedeckt gewesen (im Mittelteil der 'Plaudereien' sind drei Fotografien davon eingebunden). Busch hatte darin also seine Arbeitsmaterialien und seine Inspiration in Form von Porträts ihn prägender Personen und Persönlichkeiten. Welche ihm und warum wichtig waren, hat er in einem flüssigen und kurzweiligem Schreibstil festgehalten. In Art historischer Miniaturen, die unverbunden hintereinander stehen, beschreibt Busch Wirken und Lebensumstände von Johann Gottfried Herder, Wilhelm von Oranien, Charles Haddon Spurgeon, Hans Freiherr von Kottwitz, Friedrich von Bodelschwingh, Karl Barth, Admiral Coligny, Richard Rothe, Nils Hauge und Johann Kaspar Lavater und ihr Wirken in seine Zeit hinein. Unbekannter sind die zahlreichen Begegnungen, die der Autor auf Tagungen, bei Kongressen oder während seiner Arbeit gemacht hat. Geprägt durch zwei Kriege, die mit Tod und Vernichtung vieles von dem, was Busch und vor ihm viele andere aufgebaut hatten, sind seine Aufzeichnungen von tiefer Gottgläubigkeit und einem kompromisslosen Pazifismus geprägt. Die Repressalien der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft hat Busch mehrfach am eigenen Leibe gespürt ' und die Hilfe, die ihm von vielen Menschen, auch einigen wenigen innerhalb dieses Systems, zuteil wurde. Es ist kein frömmelnder Text, sondern es sind die Erfahrungen, die der Pastor nach eigenem Verständnis durch Gott erfahren durfte. Dadurch, dass Busch die alltäglichen Problemen in den Vordergrund stellt und nicht theologische Konzepte oder Glaubensstreitigkeiten, ist er dicht am Menschen und seiner gegenwärtigen Lebenssituation. Für diese Bedrückungen hatte Busch ein anscheinend hohes Maß an Sensibilität, mit der er menschliche Verzweiflung im Gespräch in etwas Positives umzuwandeln verstand. So sind auch die 'Plaudereien' zu verstehen, die beispielhaft für eingetretene Notstände von einer positive Wendung erzählen. Dieses literarische Konzept ist noch einer Zeit verhaftet, die unkritischer mit ihrer Alltagsumwelt umging, und wo eine 'heile Welt' vor allem ökonomisch verstanden wurde. Die gesellschaftliche Emanzipierung spielt bei Busch eine eher untergeordnete Rolle ' am Nationalsozialismus ist nicht die Struktur das eigentliche Böse, sondern die unmoralische Grundhaltung, so liest man es aus den 'Plaudereien' heraus: Dass das 'Führer'prinzip vieles an Verbrechen gegen Menschen erst möglich gemacht hat, geht bei Busch vollends unter; dafür verweist er lieber auf den Generationenkonflikt oder politische Scharmützel zwischen Kommunisten und Nationalisten. Buschs 'Plaudereien' bleiben in seiner Zeit verhaftet, die unkritisch hingenommen wird, wie es so viele im frühen 20. Jahrhundert getan haben. Seine Aufzeichnungen sind eben daher ein gleichzeitig wichtiges Zeitdokument, denn lindern unerträglicher Umstände wurde als Lösung oder Erfolg verstanden; die Heilung blieb aus. Sicher ist er ein Wegbereiter sozialer Verbesserungen, aber auch seine 'Plaudereien' können nicht über die Ohnmacht hinwegtäusche, die von der Kirche angesichts menschenverachtender Politik der 30-ger Jahre des letzten Jahrhunderts Besitz ergriffen hatte. Der Rückzug in den Schutz kleingemeindlicher Strukturen oder gar des Privaten ist auch Buschs Schicksal gewesen. Gestützt und gefestigt haben ihn seine Erinnerungen, die sich in den aufgehängten Porträts seines Arbeitszimmers manifestierten.
Die 'Plaudereien in meinem Arbeitszimmer' sind ein Rückblick auf eine vergangene und in vielen Bereichen überkommene Zeit. Buschs Zukunftsperspektive sind nicht Teil seiner Aufzeichnungen. Buschs Erzählungen sind zum einen kirchen-, zum anderen gesellschaftshistorisch zu lesen. Sie gewähren Einblick in die Lebenserinnerungen eines engagierten Pastors in bewegter Zeit mit zwei Weltkriegen, Zusammenbruch und Aufbau kirchengemeindlicher Strukturen und der Überwindung überkommener sozialer Strukturen. Als begnadeter Erzähler nimmt er den Leser mit auf seine Missionen, die das Christentum nicht nur preisen sondern erleben lassen.