Die vorliegende Einführung in die Amerikanistik als interdisziplinärer Kulturwissenschaft (S.1) behandelt die klassischen landeskundlichen Inhalte eines Länderberichtes oder eines Kurses über 'American Civilization' in sechs Sachkapiteln. Diese widmen sich, mit Ausnahme der Sprachen Nordamerikas, die den Platz einnehmen, der üblicherweise der Wirtschaft zuteil wird, den erwartbaren Themengebieten: Räumen und Regionen; politischem System; Ideologien und Identitäten; Religion; sowie, bei weitem am ausführlichsten, der Kulturgeschichte.
Diese klassischen Themen verbindet der Band mit einer zeitgemäßen Darstellungsweise, die der Vielfalt an Untersuchungsgegenständen gerecht zu werden versucht. Der Haupttext ist deshalb durchsetzt von allerlei Einschüben, die auf unterschiedliche Weise Texte und Bilder in die Diskussion einbringen. Neben zahlreichen Abbildungen vor allem von Gemälden, (Porträt-)Fotografien und Buchtiteln, sind dies in erster Linie längere Originalzitate (aus literarischen und politischen, aber auch Song-Texten) und Auswahllisten bedeutender Werke zu einem bestimmten Thema (vom 'puritanischen Neuengland in Texten seiner Repräsentanten' bis zu '9/11 in Literatur, Fotografie, Musik, Film').
Diese durchgängige Einbeziehung diverser Materialien führt zu einem ansprechend gestalteten Buch, das, zumindest für das B.A.-Studium, auch als Nachschlagewerk fungieren kann. Dafür sorgen zudem eine recht ausführliche, nach Sachgebieten analog zur Kapiteleinteilung gegliederte Bibliographie und etliche Hinweise auf verlässliche Internetquellen. Der Funktion, Studierenden einen breit gefächerten Überblick über die Gegenstände des Faches zu geben, ordnet sich schließlich auch der Haupttext unter, der deskriptiv gehalten ist und kulturhistorische Zusammenhänge nicht selten in ungewichteten Aufzählungen erschließt (beispielhaft mit Bezug auf die Radikalisierung des Konflikts zwischen Nord- und Südstaaten in den 1850er Jahren, S. 126).
Natürlich sind selbst in einer derart umfassenden Darstellung Auslassungen unvermeidlich. Die völlige Abwesenheit von Charles Sanders Peirce etwa (vgl. Till Kinzel's Rezension in Informationsmittel 16, 1-2, 2008) und mit ihm des Pragmatismus (William James und John Dewey werden lediglich als Kritiker des amerikanischen Imperialismus erwähnt) oder in ähnlicher Weise der marginale Status, der den Dingen des Alltags oder dem Theater zukommt, sind deshalb nicht an sich bemerkenswert, sondern nur insofern ihre Behandlung an anderer Stelle gleichsam versprochen wird ' so im Hinweis auf den Pragmaticism als 'Verankerung der amerikanistischen Literatur- und Kulturwissenschaft im (Neo-)Pragmatismus' (S.420).
Ein eklatantes Beispiel für ein solches nicht-eingelöstes Versprechen markiert die 'philosophisch-literarische[n] Bewegung des Transzendentalismus' (S. 375), dessen Hauptvertreter Emerson und Thoreau mit sechs und elf Nennungen im Register einen überaus prominenten Platz einnehmen (zum Vergleich: Faulkner wird drei, Poe ein und Orson Welles kein Mal erwähnt) und wiederholt als Transzendentalisten angesprochen werden (SS. 109, 113, 210, 375, 384) ohne dass der Versuch unternommen würde, die Bewegung näher zu charakterisieren. Einzig im Abschnitt über den Unitarismus im Großkapitel Religion findet sich der missverständliche Hinweis, dass der Transzendentalismus diesem nahestand. Es folgt ein längeres Zitat aus einer Predigt über 'Unitarian Christianity' von William Ellery Channing, den Emerson freilich als 'our bishop' bezeichnete, während der Unitarier-'Papst' Andrews Norton hinsichtlich des Transzendentalismus von der 'latest infidelity' sprach.
Lobend erwähnt sei schließlich das eigenständige Kapitel über die Fachgeschichte der Amerikanistik von deren Gründung bis ins 21. Jahrhundert. Bedauerlich ist dabei allenfalls, dass sich der Band von der dort wiederholt formulierten Betonung ästhetischer Näherungsweisen methodisch unbeeindruckt zeigt. Ungeachtet der bei vielen Größen des Faches anzutreffenden Insistenz auf genauen Lektüren vor allem literarischer Texte (Smith, S. 393; Marx, S. 395; Greenblatt, S. 412; Ickstadt, S. 420) herrscht in dieser Einführung ein rein thematischer Zugriff auf Literatur vor, der sie bisweilen gar auf eine 'kulturelle[n] Nachwirkung[en]' (S. 396) politischer Ereignisse reduzieren zu wollen scheint.