The City in Roman and Byzantine Egypt

Richard Alston liefert mit seiner Monographie einen Überblick über ein Phänomen, das die Forschung zum hellenistischen Ägypten in den letzten Jahren stark beschäftigt hat, namentlich die 'Städte' Ägyptens. Hierzu betrachtet er zunächst das Konzept von Stadt und Raum in der modernen Forschung (S. 4-43), um sich anschließend dem Haus im räumlichen sowie sozio-kulturellen Kontext der 'gräko-ägyptischen' Stadt zu widmen (S. 44-127), anhand dessen er eine der römischen Herrschaft zu verdankende Veränderung der autochthonen Bevölkerung feststellen will. Auf diese Einlassungen folgt eine Betrachtung der räumlichen Ordnung der Stadt in Straßen, Stadtteile und Nachbarschaften (S. 128-184). Besondere Aufmerksamkeit schenkt er dabei den amphoda der Gaumetropolen der römischen Zeit, die er nicht nur hinsichtlich ihrer administrativen, sondern auch ihrer sozialen Funktion untersucht. Hierauf betrachtet Alston dann die Entwicklung der 'Stadt' im römischen und byzantinischen Ägypten, wobei er seine Darstellung nach Jahrhunderten ordnet (S. 185-322). Die von A. gewählte Chronologie entspricht dabei freilich nicht mathematischen, sondern sachlichen Kriterien, etwa wenn er das von ihm sogenannte 'lange 1. Jahrhundert' von 30 v. Chr. bis 96 n. Chr. dauern läßt (S. 196ff.). Charakteristisch für die Entwicklung der Stadt im 1. Jh. ist für Alston die Reduktion des Einflusses der Tempel, die seiner Ansicht nach wesentlich der römischen Verwaltung zu verdanken ist. (Vgl. dagegen jetzt G. Manning, Land and Power in Ptolemaic Egypt. The Structure of Land Tenure, Cambridge 2003, 226-241, der eine Erosion der Macht der Tempel schon in ptolemäischer Zeit feststellt.) Dabei konnten die Tempel allerdings eine bedeutende Rolle auf lokaler Ebene bewahren, weswegen er die Städte der Chora auch als 'temple cities' qualifiziert. Von diesen hebt er die griechischen Poleis Ägyptens deutlich ab. Im zweiten nachchristlichen Jahrhundert verortet Alston dann eine Romanisierung des öffentlichen Raumes in den Städten Ägyptens, der sich unter anderem auch im architektonischen Bereich äußert (S. 235-249). Hierauf widmet sich Alston der Frage, ob sich im 3. Jh. n. Chr. eine Krise der Stadt feststellen läßt, eine Frage, die er völlig zu Recht verneint; Alston geht hier sogar noch weiter, indem er das besagte Jahrhundert als eine Epoche des städtischen Wachstums und eines steigenden städtischen Selbstverständnisses charakterisiert, worin man ihm nur zustimmen kann (S. 249-259). Hierauf wird die römische Stadt in Ägypten in ihrem Übergang vom dritten zum vierten nachchristlichen Jahrhundert thematisiert (S. 260-277), um dann auf das 4. Jh. n. Chr. überzuleiten (S. 277-292). Die wesentliche Veränderung besteht dabei für Alston in der Umwandlung der paganen Stadt in die christliche Stadt, was für ihn überhaupt der markanteste Schritt einer ansonsten eher langsam verlaufenden Entwicklung ist. Hierauf betrachtet Alston dann die byzantinische Stadt in Ägypten (S. 292-322), wobei er ein besonderes Augenmerk auf die religiöse Topographie und die städtischen Ämter hat. Das hierauf folgende Kapitel thematisiert die Stadt als Teil eines instutionellen, ökonomischen und administrativen Netzwerks (S. 323-367). Alston faßt dabei die Definition der Stadt ' oder besser in der englischen Terminologie der 'city' ' nicht im instiutionellen Bereich, sondern will sie als intellektuelle Konstruktion einer Gemeinschaft verstanden wissen (S. 323-324). Wiederum betont Alston im Zuge der diesbezüglichen Erörterungen die Bedeutung der ägyptischen Tempel, wobei er seine Beispiele auch aus dem dörflichen Bereich nimmt. Sein Stadtbegriff unterscheidet sich damit fundamental von dem politisch-administrativen oder siedlungsgeographischen Stadtbegriff, der in der bisherigen Forschung zugrundegelegt wird und dem nach Ansicht des Rezensenten deutlich der Vorzug zu geben ist. (Vgl. dazu grundlegend A. Jördens, Das Verhältnis der römischen Amtsträger in Ägypten zu den Städten in der Provinz, in: W. Eck (Hrsg.), Lokale Autonomie und römische Ordnungsmacht in den kaiserzeitlichen Provinzen vom 1. bis 3. Jahrhundert, München 1999 (Schriften des Historischen Kollegs, Kolloquien 42), 141-180; F. Kolb, Die Stadt im Altertum, München 1984, 14-15; H. Sonnabend, s.v. Stadt, in: ders. (Hrsg.), Mensch und Landschaft in der Antike. Lexikon der Historischen Geographie, Stuttgart-Weimar 1999, 502-506.)
Die Erörterungen von Alston liefern mancherlei Anlaß, sich mit dem Phänomen der Stadt im römischen Ägypten zu beschäftigen. Im Rahmen seiner Ausführungen kommt er zu bemerkenswerten Ergebnissen, etwa wenn er auf die äußerst positive Entwicklung der Stadt im 3. Jh. n. Chr. aufmerksam macht. Bisweilen fordern seine Thesen auch zum Widerspruch auf, so beispielsweise im Falle seiner Definitionen von Stadt und Dorf im römischen Ägypten. Alles in allem hat Alston mit seiner Monographie eine anregende Arbeit vorgelegt, die zu mancherlei Diskussion in der Forschung den Anlaß geben wird.