Nord- und Südamerika

Die Idee und das Konzept der Herausgeber Rüdiger Glaser und Klaus Kremb zur auf fünf Bände angelegten Reihe 'Planet Erde' sind wegweisend umgesetzt. Normalerweise erwartet man bei solchen Buchtiteln einen klassischen geographischen ' oder hier speziell einen geoökologischen ' Durchgang durch alle vorhandenen Geozonen. Die beiden Herausgeber verfolgen jedoch einen anderen Weg: Sie gehen von aktuellen geoökologischen Problemen/Problemregionen aus und haben im Blick darauf renommierte Geographen gebeten, die jeweiligen regionalen 'Krankheitsbilder' eingehend vorzustellen und zu analysieren. Herausgekommen ist dabei eine moderne und gleichzeitig sehr aktuelle geoökologische Regionalkunde unter besonderer Berücksichtigung der globalen Veränderungen und deren regionalen Auswirkungen. Daher verwundert es auch nicht, daß der Analyse der existierenden Naturgefahren und Naturrisiken in den ausgewählten Regionen ein besonderes Augenmerk gilt.
Es bleibt aber nicht nur bei rein geoökologischer Prozeßforschung, auch der Mensch mit seinem komplexen Wirkungs- und Handlungsgefüge in Bezug auf die Umwelt rückt in den Fokus der Betrachtungen. Wie lange wird die Erde diesen Belastungen standhalten und die nutzungs- und ressourcenorientierten Menschen überhaupt noch ernähren können? Wann läuft das Faß Erde über und wer bleibt dabei auf der Strecke? Hier gibt es sehr direkte und auch augen-öffnende Antworten, die hoffentlich nach der Lektüre der einzelnen Beiträge auch zum Überdenken bestehender Handlungsmuster bis hin zur Entwicklung und Implementierung zukunftsorientierter Handlungskonzepte führen werden. Krankheitsbilder des Planeten Erde können eigentlich kaum noch wissenschaftlich eindringlicher aufgezeigt werden, wie in diesem Buch.
Rüdiger Glaser und Klaus Kremb verweisen zu Beginn des 'Nord- und Südamerika'-Bandes sehr deutlich auf die rezenten Krankheitsbilder der Erde und unterstreichen dabei das Syndromkonzept des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU). Der geoökologische Streifzug der fachlich allesamt ausgewiesenen Autoren konzentriert sich zunächst auf sieben Fallbeispiele aus dem nordamerikanischen Kontinent (von Kanada bis in den Südwesten der USA): hochentwickelte und dennoch sehr vulnerable Regionen, die mancherorts bereits die Grenzen des Wachstums deutlich überschritten haben. Nach einen Fallbeispiel aus Kuba, bei dem der Mensch ebenfalls sehr stark den Umweltzustand der Landschaften beeinflußt hat und eine angestrebte geoökologische Regionalisierung zu einer wichtigen Entscheidungs- und Planungsgrundlage werden kann, folgen ebenfalls wieder sieben Problemregionen aus Südamerika (von Amazonien bis Patagonien). Die Telekonnektionen der regionalen Krankheitsbilder zeigen sich dabei insbesondere am Beispiel von El Niño und La Niña, einem 'Dauerbrenner' der besonderen Art mit globaler Dimension.
Alles in allem findet der Leser eine ausbalancierte Auswahl der ' sowohl thematisch wie auch regional ' einzelnen geoökologischen Krankheitsbilder Nord- und Südamerikas vor, die sich keineswegs nur auf weniger entwickelte Regionen beschränken, sondern auch den Finger in die Problemfelder hochentwickelter Regionen hineinlegen.
'Quo vadis Planet Erde?': könnte man als die Kernfrage im vorliegenden, sehr lesenswerten und lehrreichen Band 'Nord- und Südamerika' formulieren. Gelungen ist auch, daß nicht nur solche Fragen gestellt werden, sondern auch Antworten gegeben und Strategien aufgezeigt werden. Mit Spannung darf man sich deshalb auf die weiteren Bände (Asien ' Europa ' Afrika ' Polarregionen/Meere/Australien) freuen und den beiden Herausgebern viel Erfolg dazu wünschen.