Der 'Hederich' stand in Goethes Handapparat in Weimar neben dem ' auch in dieser Form digital erschienenen ' 'Adelung' (Digitale Bibliothek, Band 40); 'Faust' hätte nicht geschrieben werden können ohne dieses Hilfsmittel; es ist auch heute noch unentbehrlich und ' durch sein Alter geadelt ' jenseits aller Kritik. Neuere Lexika der antiken Mythologie können den 'Hederich' nicht ersetzen, weil es oft gerade darum geht, wissen zu wollen, was ein früherer Autor wußte.
Der vollständige Titel lautet interessanterweise und den Inhalt genau bezeichnend: 'Hederich-Lexicon. Benjamin Hederichs ehemal. Rect. zu Großenhayn, gründliches mythologisches Lexicon, worinnen so wohl die fabelhafte, als wahrscheinliche und eigentliche Geschichte der alten römischen, griechischen und ägyptischen Götter und Göttinnen, und was dahin gehöret, nebst ihren eigentlichen Bildungen bey den Alten, physikalischen und moralischen Deutungen zusammen getragen, und mit einem Anhange dazu dienlicher genealogischer Tabellen versehen worden. Zu besserm Verständnisse der schönen Künste und Wissenschaften nicht nur für Studierende, sondern auch viele Künstler und Liebhaber der alten Kunstwerke, sorgfältigst durchgesehen, ansehnlich vermehret und verbessert von Johann Joachim von Schwaben, öffentl. Lehrer der Weltweish. und fr. Künste zu Leipzig, des gr. Fürstencoll. Colleg. daselbst, und der Universitätsbibliothek Aufseher. Leipzig: Gleditsch, 1770' (es gab einen Nachdruck bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft, Darmstadt 1996).
Der Verf. meint, es 'steht gar leicht zu erweisen', daß die Mythologie 'wohl verdiene, daß nicht nur Gelehrte, sondern auch viele Künstler und alle polite Leute, einige Kenntniß von ihr fassen'. Und: ein Mensch könne 'derselben als ein Polithomme so fern nicht entrathen, als er hin und wieder Bildsäulen, Gemälde, Bassi rilievi, Medaillen, alte Münzen und dergleichen Dinge antrifft, so aus der Mythologie genommen, und es ihm theils in sich selbst verdrießen muß, wenn er selbige nicht anders, als wie die Kuh ein neues Thor, ansehen kann, und mithin nicht weiß, was solche Dinge eigentlich find [recte: sind; so ganz sicher ist die moderne Technik nicht: der Scanner velwechsert (Jandl) gern das Fraktur-s mit dem Fraktur-f] und bedeuten, theils sich gar leicht auch mit seiner Unwissenheit vor andern beschimpfen kann, wenn er entweder mit seiner Deutung und Raisonnement von selbigen darneben kömmt, oder auch, da ihn ein anderer drum fraget, sich mit seiner Unwissenheit entschuldigen muß. Und dergleichen kann denn so wohl einem Hofmanne und reisenden Cavaliere, als galanten Kaufmanne und dergleichen begegnen, also, daß alle und jede, so nicht unter dem gar gemeinen Pöbel mit hin laufen wollen, etwas von dieser gelehrten Galanterie zu wissen nöthig haben'. In unserer pisageplagten Zeit wohl ein frommer Wunsch. Aber es sind herrliche Texte, die einer Literaturwissenschaft, die sich kulturgeschichtlich orientieren will, sehr ans Herz zu legen sind.