Operation Rot-Grün
Geschichte eines politischen Abenteuers

Als die rot-grüne Regierungszeit ihrem unaufhaltsamen Ende zuging, machte der von Bundeskanzler Gerhard Schröder und anderen Regierungsmitgliedern ausgesprochene Vorwurf die Runde, die Medien hätten sie 'heruntergeschrieben', also den Absturz der Popularität und den Schwund an Wählerstimmen herbeigeführt. Vor den Wahlen im September 2005 beschwerte sich Innenminister Otto Schily darüber ausdrücklich bei den deutschen Zeitungsverlegern, am Wahlabend meinte Schröder, in seinem denkwürdigen Auftritt in der 'Elefantenrunde', über das mediale Komplott triumphiert zu haben und weiterregieren zu können.
In solchen Blitzlichtern zeigt sich das intime Verhältnis zwischen politischen Eliten und Hauptstadtjournalismus, das in der Wahrnehmung vieler Beobachter durch einen 'liberal bias', eine Schlagseite von Print- und Rundfunkjournalisten nach links, gekennzeichnet ist, hier aber Empfindlichkeiten aufweist, die zwischen konservativen Regierungsmitgliedern und Presse unüblich sind. Dort herrschte offenbar eine politische und milieumäßige Intimität, die zu Überlegungen Anlaß gibt, ob Spitzenjournalisten nicht selbst zur 'politischen Klasse' gerechnet werden müssen. Das vorliegende Buch ist ein Dokument dieser zerbrechlichen Nähe im linksliberalen Milieu. Rot-Grün war die Wunschkombination nicht nur einer politischen Generation (der '68er' und 'Brandt-Enkel'), sondern auch vieler Medienvertreter vor allem der schreibenden Zunft, darunter im 'Spiegel'. Das wirft berufsethische Probleme auf und führte, bei enttäuschter Liebe, zu den verbalen Attacken von Schröder und Fischer.
Dieses Buch verrät den Lesern, wie sich diese Beziehungskrise aufgeschaukelt hat, ein subjektiv angelegter Bericht über eine in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland außergewöhnliche Regierungszeit von sieben Jahren, publiziert im 'Spiegel'-Stil mit vielen unbelegten Ondits und schwer verifizierbaren Gerüchten, aber garniert mit sehr genauen Beobachtungen und scharfsinnigen Kommentaren. Das Autoren-Dreigespann kommt aus der Berliner-Redaktion des Hamburger Nachrichtenmagazins, die als Hort einer Compagnie von 'Niederschreibern' galt.
Bei allen Qualitäten im Detail, die das Buch als wichtige Quelle der Geschichtsschreibung der als 'politisches Abenteuer' eingestuften Koalition besitzt, und trotz der flüssigen Schreibe ist die Mischung zwischen politischem Tagebuch, Abrechnung und Analyse nicht überall gelungen. Als Quelle können die Detailbeobachtungen schwer überprüft werden, als Analyse wird vieles bald überholt sein, als Abrechnung wächst mit dem politische Abstand die Peinlichkeit dieses Unterfangens, auch wenn die Autoren sich insgesamt um Gerechtigkeit bemühen und Vorwürfe des Bundeskanzlers sich hier nicht bestätigen lassen. Die Form des Journals war dem Vorhaben angemessen und macht es vielen ebenso vorläufigen, aber knochentrockenen Analysen politikwissenschaftlicher Provenienz überlegen, insgesamt aber wird das Buch mehr eine Quelle zur Mediengeschichte und zum intrikaten Verhältnis zwischen Politik und Journalismus sein. Für eine erste Orientierung in der hektischen Chronologie von Rot-Grün wird man lange darauf zurückgreifen.