Ägypten, Griechenland, Rom
Abwehr und Berührung

Mit über 400 Exponaten und einer beeindruckenden Liste von Leihgebern endet am 26. Februar im Frankfurter Städel die Ausstellung 'Ägypten, Griechenland, Rom. Abwehr und Berührung'. Der Titel ist vielsagend, denn im Zentrum der Präsentation stehen Objekte, die Ägypten als Zentrum kultureller Kontakte haben: Die 'Berührung' beginnt etwa Mitte des 2. Jahrtausend v.Chr. mit minoischen und mykenischen Importen bzw. in Ägypten gefertigten Nachahmungen griechischer Gefäßtypen und reicht als 'Abwehr' bis die Zeit der römischen Kaiser des 1. nachchristlichen Jahrhunderts, die Ägypten als privaten Besitz abzuschotten suchen.

Es wundert also nicht, daß der hierzu erarbeitete Katalog ebenso reichhaltig und umfangreich ist wie die Ausstellung selbst. Namenhafte zumeist deutsche Wissenschaftler haben ihren Fachgebieten entsprechend Beiträge verfaßt, die einen idealen Einstieg in das Umfeld 'Kulturkontakt' Ägyptens besonders im 4. Jahrhundert v. Chr. bis hadrianische Zeit mit Griechenland und Rom bieten. Ägyptologisch hat vor allem die Universität Mainz mit ihren dem Oberthema entsprechenden Sonderforschungsbereichen erfreulich viel Neues zum Bild der wechselseitigen Einflüsse zwischen ägäischen und nilotischen Kulturen beisteuern können.

Etwa die Hälfte des Bandes ist thematischen Erläuterungen bzw. Fragestellungen eingeräumt worden; Rundbild, Priestertum und Heiligtümer, kulturhistorischer und mentalitätsgeschichtlicher Hintergrund oder Quellenkunde sind nur einige beispielhafte Schlagworte, die die behandelten Themen kurz umreißen mögen (ähnliche Beiträge finden sich in den themenbezogenen Städel-Jahrbüchern in ähnlicher Form). Der Rest des Kataloges geht ausführlich auf die ausgestellten einzelnen Objekte der Ausstellung ein, deren Anordnung im Städel folgend.

Die Verknüpfung der Themen mit den ausgestellten Artefakten ist durchweg sehr gut gelungen. Was nicht nach Frankfurt gelangte oder gelangen konnte, ist als Bild in den anzuzeigenden Band aufgenommen worden, wenn die erläuternde Beschreibung dies nötig macht. Dies in Verbindung mit dem umfangreichen Katalogteil und der interdisziplinär angelegten Betrachtungsweise auf interkulturelle Phänomene läßt keinen Zweifel aufkommen, mit vorliegendem Buch das zukünftige Standardwerk zu Kulturkontakten zwischen Ägypten, Griechenland und Rom in den Händen zu halten. Daher sei es erlaubt, einige ergänzende Kritikpunkte und Überlegungen anzufügen: Rezensent vermißt lediglich zum Schwerpunkt 'Sphinx' einen Beitrag als Kennerin von Katja Lemke. Ein herber Herstellungsfehler hat sich bei Kat.-Nr. (32.)205 eingeschlichen: die zugewiesene Aufnahme (fälschlich 32.204 statt 205 in der Bildunterschrift) zeigt nicht die ausgestellte Statue Neapel, Museo Archeologico Nazionale Inv. 6372 (Dank an Veit Vaelske für den Hinweis). Kat.-Nr. (19.)110 stellt sicher einen Löwen dar; die abgebildeten Form ist den liegenden Raubkatzen Kat.-Nr. (8.)24 und 26 entlehnt. Um den aus Rosengranit gearbeiteten sog. Alexander im Liebig-Haus ist bereits viel kritischen verfaßt worden (es ist alles in allem eine sehr unausgewogene Arbeit: so ist die Standfläche der Füße getreppt, der Rückenpfeiler sehr schmal, was eine Abarbeitung nahelegt oder die Füllfläche zwischen den Beinen kurvig und verdeckt teilweise die Knie und das Schienbein). Der Kopf erinnert stark an einen Marc Anton, und auch die 'Chiasmen' und 'Ponderation' weisen im Vergleich etwa zu dem ebenfalls in der Ausstellung aufgestellten Domitian in pharaonischer Tracht in die Römerzeit. Der anthropomorphe Apis mit Stierkopf (Kat.-Nr. [44.]306) wird sicher aufgrund seiner gelängten Form und den bis in die Taille reichenden Gürtel für eine Statue des Neuen Reiches gehalten (15.-13. Jhd. v.Chr.). Die Darstellungsform aber wie auch die grobe Kerbung der Falten sowie die flüchtige und unorganische Ausarbeitung des Halskragens lassen eine Herstellung der Statue vor der Zeitenwende kaum glaubhaft erscheinen. (Sollte es gar ein Werk der Renaissance sein?) Die ohnehin unglücklich gewählte Beschreibung des 'stehenden Nils' für eine Standfigur des ägyptischen Flußgottes Hapi verschweigt im Text leider die größte Besonderheit: der Mund der Statue ist leicht geöffnet und ihr Kopf ausgehöhlt, was im ersten Augenblick an einen Wasserspeier erinnert.