Die Etrusker
Geschichte und Kultur eines rätselhaften Volkes

Gerade in den letzten Jahrzehnten ist die Erforschung der etruskischen Kultur immer mehr in den Focus archäologischer Forschungen getreten. Die Etrusker werden selbst heute noch als geheimnisvolles Volk betrachtet. Gerade vor dem Hintergrund, daß die Etrusker, auch archäologisch nachweislich, dauerhafte kommerzielle, militärische als auch kulturelle Beziehungen zu anderen antiken Völkern des Mittelmeerraumes unterhielten, hat dieses Vorurteil des Geheimnisvollen jedoch keinerlei Existenzberechtigung.
Giovannangelo Camporeale, Professor für Etruskologie und Archäologie an der Universität Florenz, versucht in dieser Monographie der interessierten Öffentlichkeit neuere Informationen zu verschiedenen Problemstellungen nahezubringen, die ' sowohl auf dem Wege der Feldforschung als auch über theoretische Erwägungen ' einen Ausblick auf neuere Richtungen in der Etruskerforschung geben sollen. Anlaß zu dieser neuen Gesamtdarstellung bilden die bedeutenden jüngeren Funde, die in kurzer Zeit die Sachlage diverser Probleme entscheidend verändert haben.
Trotz dieses spezifischen Blickwinkels besitzt dieses Buch jedoch auch allgemeinen Charakter: Einerseits werden große Themen wie Geschichte, Kunst, Religion, oder Sprache und Literatur der Etrusker behandelt, die eine organische Synthese der etruskischen Kultur darstellen; andererseits wird eine analytische Darstellung der Kultur der einzelnen Städte und ihres entsprechenden Umlandes gegeben. Zudem versäumt der Autor nicht, auch auf vor- und nachetruskische Sachverhalte in der Bronzezeit bzw. der römischen Epoche einzugehen, so daß das Phänomen der Etrusker als historischer Prozeß  in seiner Gesamtheit und Dynamik dargestellt wird. Dabei finden sich keine minutiösen Ausführungen und Verweise, statt dessen bietet der Autor am Ende jedes Kapitels oder Abschnittes eine knappe orientierende, aktuelle Bibliographie.
Ausgangsbasis dieser Monographie bilden die literarischen und historiografischen Überlieferungen bzw. Inschriften oder archäologische Hinterlassenschaften der Etrusker. Auch ungeklärte Fragen zu den diversen Einzelthemen werden angesprochen. Das Buch ist grob in zwei große Teile untergliedert.
Im ersten Teil 'Die etruskische Kultur' werden verschiedene allgemeine, große Themen untersucht. Kapitel 1 zeichnet die Entwicklung der Etruskologie als Wissenschaft durch die verschiedenen Epochen hindurch nach. Das 2. Kapitel stellt die aktuelle Quellenlage vor, wobei sowohl die primären Quellen wie die Inschriften und archäologischen Zeugnisse als auch die Erwähnungen der Etrusker durch verschiedene klassische und frühmittelalterliche Autoren als sekundäre Quellen berücksichtigt werden. Kapitel 3, 'Umwelt und Stadtentwicklung', skizziert das Territorium und die Ressourcen und enthält allgemeine Angaben zur Entwicklung der etruskischen Städte. Das 4. Kapitel gibt einen historischen Abriß der etruskischen Geschichte, dessen Anfänge in der Eisenzeit liegen. Nach einem Blick auf die Blütezeit der Etrusker vom 7.-5. vorchristlichen Jahrhundert folgt eine Darstellung der späten Etruskerzeit mit seinen großen Veränderungen in der demografischen, politischen und sozialen Ordnung vom 4.-1. Jahrhundert v.Chr. Das Kapitel 5 'Kunst' behandelt nach wenigen allgemeinen Ausführungen die einzelnen Kunstepochen (Geometrische Periode, Orientalisierender Stil, Archaik, Klassische Periode und Hellenismus).  Im 6. Kapitel zur Religion werden derartige Aspekte wie der Stellenwert der Religion in der etruskischen Gesellschaft oder das Verhältnis von Mensch und Gottheit untersucht. Zudem finden sich eine Einführung in das etruskische Pantheon und in die vorherrschenden Jenseitsvorstellungen. Kapitel 7, 'Die politische Ordnung', stellt die Staatsordnung, die städtische Ordnung und einige Rechtsnormen der Etrusker vor. Im 8. Kapitel zum öffentlichen Leben untersucht Camporeale diverse Bereiche des täglichen Lebens wie Sport, Schauspiel oder Theater, während im 9. Kapitel zum privaten Leben verschiedene familiäre Aspekte wie z.B. Ernährung, Bankette, Symposien, Spiele, Körper- und Schönheitspflege oder auch Kleidung im Vordergrund stehen. Dagegen werden im 10. Kapitel 'Von der Schrift zur Literatur' nach einer Vorstellung der schriftlichen etruskischen Textzeugnisse auch das Alphabet, sowie die Sprache und Literatur der Etrusker untersucht. Das letzte Kapitel des ersten Teils, 'Das Nachleben', beleuchtet das Weiterleben der etruskischen Traditionen in der römischen und spätantiken Welt und die Wiederbelebung des Etruskischen in der Folgezeit.
Der zweite Teil des Buches ('Die Städte') ist in drei Kapitel untergliedert: Kapitel 12 stellt die Fundstätten im eigentlichen Etrurien vor. Dabei werden neben den großen etruskischen Städte wie Veji, Caere, Tarquinia, Vulci, Volsinii, Chiusi, Perugia oder Vetulonia auch die kleineren Zentren berücksichtigt, die im Wirkungsfeld der großen Zentren existierten. Die beiden letzten Kapitel 13 ('Das padanische Etrurien') und 14 ('Das kampanische Etrurien') sind der Behandlung einiger etrurischer Städte der Po-Ebene wie Marzabotto, Bologna, Spina, Adria und Mantua und Kampaniens wie Pontecagnano, Fratte und Capua gewidmet.
Der Anhang bietet neben einer detaillierten Zeittafel auch insgesamt 355 Schwarzweiß-Abbildungen.
Dieses gelungene Übersichtswerk zur etruskischen Kultur verbindet die Aufarbeitung allgemeiner Themengebiete mit der Vorstellung neuester archäologischer Forschungen; das Ergebnis ist eine umfassende Gesamtdarstellung. Die Monographie ist sowohl für die interessierte breite Öffentlichkeit als auch für Rezipienten aus archäologischen Fachkreisen geeignet.