Die kulturgeschichtliche Studie Jörg Neuheisers stellt die Entwicklung der Paraden des protestantischen Oranierordens über einen Zeitraum von 1796 bis 1864 dar und analysiert die komplexen Beziehungen innerhalb der protestantischen Gemeinschaft wie auch zu der mehrheitlich katholischen Bevölkerung Irlands. Einen besonderen Akzent legt er dabei auf das Verhältnis von protestantischer Unter- und Oberschicht, die zu den Paraden jeweils aufgrund ihrer sozioökonomischen Stellung unterschiedliche Haltungen einnahmen.
So waren die ritualisierten Märsche der Oranier für die ländliche und städtische Unterschicht die Manifestation ihrer Erinnerung an Wilhelm von Oranien, wogegen die Paraden für die 'gentry' eine zwiespältige Angelegenheit waren, da sie einerseits als Funktionsträger den Paraden distanziert gegenüberstehen sollte, andererseits aber diese auch für ihre Interessen innerhalb des Oranierordens instrumentalisierte. Die sich aus dieser Konstellation ergebende Beherrschung der Paraden durch die protestantische Unterschicht in der Mitte des 19. Jahrhunderts ist die zentrale These Neuheisers. Zweck der Paraden war eine Demonstration des besonderen Status der protestantischen Parteigänger innerhalb der irischen Gesellschaft sowie die identitätsstiftende Erinnerung an Wilhelm von Oranien.
Die Abhandlung ist erfrischend klar und konzis geschrieben. Die Aufteilung in sechs Kapitel, die meistens nicht weiter untergliedert sind, erscheint wegen der kompakten Darstellung, die aber keinesfalls verkürzend wirkt, schlüssig. Ebenso griffig und deutlich ist auch die Herausarbeitung und Argumentation seiner Hauptthese. Kleinere Wiederholungen in der Darstellung sowie manchmal fehlende Erläuterungen spezifischer Umstände können die Qualität der Studie nicht schmälern. Besonders hervorzuheben ist, daß es sich bei der Abhandlung um die leicht überarbeitete Form der Staatsexamensarbeit Neuheisers handelt. Wohl nur selten erreichen Arbeiten dieser Art ein solch hohes wissenschaftliches Niveau, das sich im Übrigen auch in der Benutzung einer Vielzahl von unveröffentlichten und edierten Quellen niederschlägt.
Zusammenfassend sei jedem die Lektüre des Buches empfohlen, der sich für die historischen Hintergründe des Oranierordens interessiert, da es Neuheiser gelingt, komplexe Sachverhalte verständlich darzustellen und die für sein Thema wichtigen Aspekte vor dem kompetent aufgezogenen Hintergrund der Ereignisgeschichte zu vermitteln.